Die Zeit, in der ein Volk, das seiner politischen Rechte beraubt war, sie wieder erwirbt, stellt eine Periode gefährlicher Krisen dar. Dieser Gedanke, von Tocqueville vor anderthalb Jahrhunderten ausgesprochen, gilt auch für die politischen Prozesse in Bulgarien. Dabei scheint es, dieses Land sei in Vergessenheit geraten und irgendwie außerhalb der osteuropäischen Revolutionen verblieben. Viele, die die achtzehn Monate seit der "Palastrevolution" in Sofia von außen verfolgt haben, vermissen die "große Veränderung"; sie brachten keine Sensationen und keine charismatischen politischen Führer hervor.
Aber für die Bulgaren war dies eine Zeit großer politischer Dynamik, dramatischer Wendungen und nationaler Besonderheiten. Die Eigenart des bulgarischen Weges zur Demokratie zeigte sich bereits an seinem Beginn. Die Tatsache, daß eine erfolgreiche "Palastrevolution" von Funktionären der kommunistischen Partei ohne Druck von außen vollzogen wurde, bewies zum einen, daß es in Kreisen dieser Partei die Fähigkeit zu politischer Initiative gibt, und zum anderen die Anfangsschwäche der oppositionellen Kräfte. Beide Seiten dieser Medaille zeigten sich auch in den Ergebnissen der ersten freien Wahlen am 10./17.