Die Fischer-Kontroverse in historischer Perspektive
Seit der deutschen Wiedervereinigung mehren sich die Stimmen derer, die das Geschichtsbild der Deutschen einer grundsätzlichen Revision unterziehen möchten. Einflußreiche Kräfte drängen mit aller Macht zurück zur "Normalität". Für sie ist die Zeit der 1945 von den Siegermächten "verordneten Buße" vorbei, die Stunde Null hat geschlagen.
Sie streben danach, das kritische Geschichtsbewußtsein, das sich in der alten Bundesrepublik seit den 70er Jahren in der Auseinandersetzung mit den Ursachen des Nationalsozialismus herauszubilden begann, durch eine harmonisierende Deutung zu ersetzen. Wie urteilte doch Ernst Nolte in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 22. Februar 1992: "Viele Menschen im wiedervereinigten Deutschland bedürfen der Tröstung und Ermutigung. Man hatte sich so gut und anscheinend erfolgreich in einer Sicht der Dinge eingerichtet, die das Dritte Reich (sic) des Nationalsozialismus mit der vorhergehenden Geschichte Deutschlands eng verknüpfte, daß die Zweistaatlichkeit als gerechte Strafe für die unvergleichbaren Verbrechen des Nationalsozialismus galt und mithin ohne Vorbehalt bejaht werden konnte. Dieses Welt- und Geschichtsbild hat durch die Wiedervereinigung entweder die Grundlage verloren, oder es muß das neu entstandene Deutschland innerlich zerstören.