Ausgabe Oktober 1992

Zwischen Landesverteidigung und Machtprojektion

Deutsche Befangenheiten in und mit der Bundeswehr

"Kurs in Richtung Neubau der Bundeswehr", "Aufbruch zu neuen Ufern", "der Kurs ist klar" 1)... Als wäre die Landratte an Bord gegangen, so hat der neue Generalinspekteur der Bundeswehr, General Klaus Naumann, auf der 33. Kommandeurstagung "Flagge gezeigt". Und kaum 75 Tage nach dem "Signal von Leipzig" ist die Bundesmarine auch schon in See gestochen. In der Adria "dümpelt" sie im neuen Mittelmeer-Verband der NATO vor Jugoslawiens Ufern und beeilt sich, von See aus einen Landkrieg "auszutrocknen", wie eine Leserin der "Frankfurter Rundschau" treffend bemerkte 2). Weil das aber unmöglich ist, kann es hierum auch nicht gehen, nicht der Bundeswehr und nicht der Bundesregierung, die die Marineeinheiten, voran die Fregatte Bayern, in die mediterranen Gewässer entsandt hat. Worum geht es dann? Was ist es, was die Bundeswehrführung drängt, zurück in die immer eindringlicher beschworene "Normalität" des mit Militärmacht ausgestatteten Souveräns aufzubrechen?

I. Teil-Deutsche Streitkräfte

Wehrdemokratische Integration versus historische Erblast

Kein Zweifel: die neu-deutschen Streitkräfte wollen beweisen, daß sie funktionieren. Mit dem Golfkriegseinsatz war kein Lorbeer zu gewinnen.

Oktober 1992

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