Ausgabe September 1992

UN-Gewaltmonopol oder Recht der Stärksten?

Boutros-Ghalis Agenda für den Frieden

Kaum ein halbes Jahr nach seiner Amtseinführung legte der neue UN-Generalsekretär dem Sicherheitsrat einen Bericht vor (Agenda für den Frieden, Wortlaut im Dokumententeil dieses Heftes), in dem er seine Vorstellungen ausbreitete, wie die Aufgaben der Vereinten Nationen zur Friedenssicherung besser und wirksamer zu erfüllen seien. Dies war nach dem zweiten Golfkrieg ("Eine Niederlage der UNO", so Boutros-Ghalis Vorgänger Perez de Cuellar) und angesichts des kriegerischen Chaos auf dem Balkan - von dem noch lange nicht behobenen Dauerkonflikt im Nahen Osten ganz zu schweigen - dringend notwendig.

Denn wenn auch die Lähmung des Sicherheitsrates mit dem Untergang der Sowjetunion beseitigt war, so hatte die "neue Beweglichkeit" des zentralen Friedensorgans der UNO doch noch keine Perspektive eröffnet, die das Projekt "Neue Weltordnung" wirklich zu einem Friedensprojekt der Vereinten Nationen werden zu lassen versprach. Reformpläne der UNO hat es seit den 60er Jahren gegeben. Für die Revision der UN-Charta (Art. 108, 109) ist sogar ein eigenes Komitee eingerichtet worden, in dem alle Vorschläge diskutiert werden. Die bisherigen Ergebnisse: 1963 wurde die Sitzverteilung der nichtständigen Mitglieder im Sicherheitsrat nach geographisch-regionalen Gesichtspunkten eingeführt, 1965 wurde ihre Zahl von sechs auf zehn erhöht - mehr ist dabei bisher nicht herausgekommen.

September 1992

Sie haben etwa 12% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 88% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Januar 2026

In der Januar-Ausgabe skizziert der Journalist David Brooks, wie die so dringend nötige Massenbewegung gegen den Trumpismus entstehen könnte. Der Politikwissenschaftler Philipp Lepenies erörtert, ob die Demokratie in den USA in ihrem 250. Jubiläumsjahr noch gesichert ist – und wie sie in Deutschland geschützt werden kann. Der Politikwissenschaftler Sven Altenburger beleuchtet die aktuelle Debatte um die Wehrpflicht – und deren bürgerlich-demokratische Grundlagen. Der Sinologe Lucas Brang analysiert Pekings neue Friedensdiplomatie und erörtert, welche Antwort Europa darauf finden sollte. Die Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres erläutern, warum die Abhängigkeit von Öl und Gas Europas Sicherheit gefährdet und wie wir ihr entkommen. Der Medienwissenschaftler Roberto Simanowski erklärt, wie wir im Umgang mit Künstlicher Intelligenz unsere Fähigkeit zum kritischen Denken bewahren können. Und die Soziologin Judith Kohlenberger plädiert für eine »Politik der Empathie« – als ein Schlüssel zur Bekämpfung autoritärer, illiberaler Tendenzen in unserer Gesellschaft.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Ukraine: Zwischen Korruption und Diktatfrieden

von Yelizaveta Landenberger

Anfang Dezember herrschte rege Pendeldiplomatie, während die Bombardierung ukrainischer Städte und die russischen Vorstöße an der Front unvermindert weitergingen. Völlig unklar ist, ob der im November bekannt gewordene US-»Friedensplan« auch nur zu einem Waffenstillstand führen kann.

Die Wehrpflicht gleicher Bürger

von Sven Altenburger

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat in Deutschland eine intensive Debatte über die Notwendigkeit einer Wehrpflicht ausgelöst. Dabei werden die ideengeschichtlichen Grundlagen der Wehrpflicht von ihren Gegnern regelmäßig verkannt, nämlich Republikanismus und Egalitarismus.