Der bosnische Krieg, der bis heute etwa 160 000 Menschenleben gekostet hat, ist beileibe kein Fußballspiel. Er wird aber so geführt. Interpreten, die den Krieg als spontanen Ausbruch eines alten Hasses oder als teuflisch inszeniertes Werk eines einzelnen Mannes, einer Kaste oder eines ganzen Volkes deuteten, haben sich weitgehend zurückgezogen. Hier kämpfen in verschiedenen "Spielen" bewußt und aus freien Stücken, mit großem, aber nicht grenzenlosem Einsatz drei "Mannschaften" gegeneinander. Sie erkennen dabei Regeln an, die sie bisweilen gezielt verletzen. Was getreten wird, ist allerdings kein Ball. Natürlich ist der Vergleich zynisch, aber es ist nicht der Zynismus des Autors, der sich darin spiegelt, sondern der der Akteure, die diesen Krieg tatsächlich wie ein Spiel führen; "igre", Spiele, ist in balkanischer Politik ein terminus technicus.
Der Schiedsrichter als Spielverderber
Sieht man von den konkreten Erscheinungen des Krieges ab, von Zerstörung, Vertreibung, Mord und Vergewaltigung, so liegt der entscheidende Unterschied zwischen der abstrakten Struktur eines Fußballspiels und dieses Krieges in der Person des Schiedsrichters. Nicht nur, daß es ihm an der Macht fehlt, das grausame Spiel abzubrechen oder einzelne Spieler zu relegieren. Er ist vielmehr zugleich Partei.