Ausgabe August 1995

Ein schneller Eingreifverband für Bosnien

Resolution 998 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 15. Juni 1995 (Wortlaut)

D e r S i c h e r h e i t s r a t

e i n g e d e n k aller seiner früheren einschlägigen Resolutionen,

i n B e k r ä f t i g u n g des in Resolution 982 (1995) vom 31. März 1995 genannten Mandats der Schutztruppe der Vereinten Nationen (UNPROFOR) sowie der Notwendigkeit, es voll durchzuführen,

n a c h P r ü f u n g des Berichts des Generalsekretärs vom 30. Mai 1995 (S/1995/444) *) sowie n a c h P r ü f u n g des Schreibens des Generalsekretärs vom 9. Juni 1995 und seiner Anlage (S/1995/470 und Add. 1)

, i n A n b e t r a c h t dessen, daß die im obengenannten Schreiben genannte schnelle Eingreiftruppe Bestandteil des bisherigen friedenserhaltenden Einsatzes der Vereinten Nationen sein wird und daß die Rechtsstellung der UNPROFOR und ihre Unparteilichkeit gewahrt werden, t i e f b e s o r g t über die anhaltenden bewaffneten Feindseligkeiten im Hoheitsgebiet der Republik Bosnien-Herzegowina,

u n t e r B e k u n d u n g seines tiefen Bedauerns, daß die Lage in der Republik Bosnien-Herzegowina sich weiter verschlechtert hat und daß die Parteien sich nach dem Scheitern der Waffenruhevereinbarung vom 23. Dezember 1994 (S/1995/8) und ihrem darauffolgenden Außerkrafttreten am 1. Mai 1995 nicht auf eine weitere Waffenruhe einigen konnten,

e r n s t l i c h b e s o r g t darüber, daß die regelmäßige Behinderung der Lieferung humanitärer Hilfsgüter und die Weigerung der bosnischen Serben, die Benutzung des Flughafens von Sarajewo zuzulassen, die Fähigkeit der Vereinten Nationen in Bosnien-Herzegowina gefährden, ihr Mandat zu erfüllen, unter allerschärfster Verurteilung aller Angriffe auf das UNPROFOR-Personal sowie unter Verurteilung der verstärkten Angriffe der Kräfte der bosnischen Serben auf die Zivilbevölkerung,

e n t s c h l o s s e n, den Schutz der UNPROFOR zu verstärken und sie in die Lage zu versetzen, ihr Mandat zu erfüllen,

i n A n b e t r a c h t des Schreibens des Außenministers der Republik Bosnien-Herzegowina vom 14. Juni 1995 (S/1995/483, Anlage), in dem er die Verstärkung der UNPROFOR begrüßt,

u n t e r H i n w e i s darauf, welche Bedeutung zum gegenwärtigen Zeitpunkt erneuten Bemühungen um eine umfassende friedliche Lösung zukommt, unter erneuter Betonung der dringenden Notwendigkeit, daß die Partei der bosnischen Serben den Friedensplan der Kontaktgruppe als Ausgangspunkt annimmt, der den Weg zur Aushandlung einer solchen umfassenden friedlichen Lösung öffnet,

i n B e k r ä f t i g u n g der Souveränität, territorialen Unversehrtheit und politischen Unabhängigkeit der Republik BosnienHerzegowina,

f e r n e r i n B e k r ä f t i g u n g dessen, daß die Republik Bosnien-Herzegowina als Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen die in der Charta der Vereinten Nationen vorgesehenen Rechte genießt,

f e s t s t e l l e n d, daß die Lage im ehemaligen Jugoslawien weiterhin eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit darstellt

, i n B e k r ä f t i g u n g seiner Entschlossenheit, die Sicherheit der Friedenstruppe der Vereinten Nationen (UNPF)/UNPROFOR und ihre Bewegungsfreiheit für die Erfüllung aller ihrer Missionen zu gewährleisten, und zu diesem Zweck nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen handelnd

1. v e r l a n g t von den Kräften der bosnischen Serben, das gesamte noch festgehaltene UNPROFOR-Personal sofort und bedingungslos freizulassen und v e r l a n g t a u ß e r d e m von den Parteien, die Sicherheit des UNPROFOR-Personals und anderer mit der Lieferung humanitärer Hilfsgüter befaßter Personen uneingeschränkt zu achten und ihnen völlige Bewegungsfreiheit zu gewährleisten;

2. b e t o n t, daß es keine militärische Lösung des Konflikts geben kann, h e b t die Bedeutung hervor, die sie dem entschiedenen Bemühen um eine politische Lösung beimißt, und wiederholt ihre Forderung an die Partei der bosnischen Serben, den Friedensplan der Kontaktgruppe als Ausgangspunkt anzunehmen;

3. r u f t die Partien auf, unverzüglich einer Waffenruhe und der völligen Einstellung der Feindseligkeiten in der Republik Bosnien-Herzegowina zuzustimmen;

4. v e r l a n g t von allen Parteien, die humanitären Hilfsgüter ungehindert zu allen Teilen der Republik Bosnien-Herzegowina und insbesondere zu den Sicherheitszonen durchzulassen;

5. v e r l a n g t a u ß e r d e m von den Kräften der bosnischen Serben, die Vereinbarung vom 5. Juni 1992 (S/24075, Anlage) sofort einzuhalten und den ungehinderten Zugang zu Land nach Sarajewo zu gewährleisten; 6. v e r l a n g t von den Parteien, den Status der Sicherheitszonen und insbesondere die Notwendigkeit, die Sicherheit der dort lebenden Zivilbevölkerung zu gewährleisten, voll zu achten;

7. u n t e r s t r e i c h t die Notwendigkeit einer gegenseitig vereinbarten Entmilitarisierung der Sicherheitszonen und ihrer unmittelbaren Umgebung sowie die Vorteile, die dies für alle Parteien mit sich bringen würde dadurch, daß die Angriffe auf die Sicherheitszonen und die Einleitung militärischer Angriffe von dort aus eingestellt würden;

8. e r m u t i g t den Generalsekretär in diesem Zusammenhang, die Bemühungen mit dem Ziel, eine Einigung mit den Parteien über die Modalitäten der Entmilitarisierung zu erzielen, weiter zu verstärken, wobei die Notwendigkeit, die Sicherheit der Zivilbevölkerung zu gewährleisten, besonders zu berücksichtigen ist, und r u f t die Parteien zur uneingeschränkten Mitarbeit bei diesen Bemühungen auf;

9. b e g r ü ß t das Schreiben des Generalsekretärs vom 9. Juni 1995 betreffend die Verstärkung der UNPROFOR und die Bildung einer schnellen Eingreiftruppe, die es UNPF/UNPROFOR ermöglichen soll, ihr Mandat zu erfüllen;

10. b e s c h l i e ß t demgemäß, eine Erhöhung der Zahl des UNPF/UNPROFOR-Personals um bis zu 12 500 zusätzliche Personen zu genehmigen, die im Einklang mit dem derzeitigen Mandat und den im obengenannten Schreiben vorgesehenen Bedingungen tätig werden, wobei über die Einzelheiten der Finanzierung später entschieden wird;

11. e r m ä c h t i g t den Generalsekretär, die Umsetzung der Absätze 9 und 10 voranzutreiben, wobei enger Kontakt zu der Regierung der Republik Bosnien-Herzegowina und anderen Beteiligten zu halten ist;

12. e r s u c h t den Generalsekretär, bei Beschlüssen über die Stationierung von UNPROFOR-Personal der Notwendigkeit voll Rechnung zu tragen, dessen Sicherheit zu stärken und die Gefahren, denen es ausgesetzt sein könnte, auf ein Mindestmaß zu verringern;

13. b e s c h l i e ß t, aktiv mit dieser Angelegenheit befaßt zu bleiben.

*) Auszugsweise dokumentiert in "Blätter", 7/1995, S. 890-895. D. Red.

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