Krieg hat Konjunktur. In Bosnien ist der Waffenstillstand ausgelaufen. Die starken Männer in Sarajewo verbreiten die Botschaft, daß die richtigen Waffen in den richtigen Händen schon für Frieden sorgen würden. Kroatiens Tudjman läßt in einer "Polizeiaktion" West-Slawonien "befreien", worauf Karadzic die baldige Rückeroberung des Gebiets ankündigt. Milosevic setzt ein paar Panzer in Marsch, zu welchem Zweck auch immer. Und Frankreich droht einmal mehr mit dem Abzug seiner Blauhelme. Die Situation ist bei weitem nicht so dramatisch, wie sie sich in den hiesigen Medien darstellt. Die serbische Wiedereroberung Westslawoniens wird es nicht geben - trotz aller starken Worte.
Denn zum einen war das Gebiet mit den begrenzten Mitteln der Krajina-Serben ohnehin nicht zu halten und deshalb politische Verhandlungsmasse; zum anderen hat Karadzic gar kein Interesse an der Revision der neuen Verhältnisse: Flüchtlinge aus West-Slawonien stärken die serbischen Kräfte in Bosnien; und die kroatische "Polizeiaktion" nebst den einhergehenden Menschenrechtsverletzungen sind willkommener Stoff für entsprechende Anschuldigungen Zagrebs. Kroatien hat - nicht völlig unerwartet - in West-Slawonien eine günstige Gelegenheit genutzt. Daß das kroatische Vorgehen nahezu automatisch eskalieren müsse, davon kann keine Rede sein.