Ausgabe Mai 1995

Was die Euro-Rhetorik nicht an die große Glocke hängt

Faktoren der europäischen Einigung von den Pariser Verträgen bis zur Ära Maastricht

Die Frage, wohin Europa geht, läßt sich sicher nur dann beantworten, wenn man weiß, was Europa eigentlich ist, woher es kommt und wie sein bisher beschnittener Weg zu beurteilen ist. Ich möchte mit einigen unkonventionellen Gedanken, Beobachtungen und Erfahrungen dazu beitragen, daß der in allen genannten Beziehungen herrschende Nebel sich etwas lichtet. Unsere Diskussion steht im Zeichen des 1991 unterzeichneten Vertrags von Maastricht über die Europäische Union (EU), hat es also zu tun mit einem politischen Europabegriff, wie er etwa in Programmschriften der 20er Jahre, wenn auch aus verschiedenen Richtungen und in verschiedener Weise, behandelt wurde, in Graf Coudenhove-Kalergis "Paneuropa" (1923) oder Edouard Herriots "Etats-Unis d'Europe" (1927).

Schon dort ging es, wie bei der EU und den Europäischen Gemeinschaften, aus denen die EU hervorgegangen ist bzw. hervorgehen soll, um die Herstellung politischer Einheit. "Integration", um die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges aufgekommene Terminologie zu benutzen, meint Verdichtung der Einheit durch organisatorische und institutionelle Verflechtung von Staatstätigkeiten der an der Gemeinschaft beteiligten Länder.

Mai 1995

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