Von Karin Priester Als ich vor Jahren nach Italien ging, um an meiner Dissertation zu arbeiten, hatte ich im Handgepäck auch das Empfehlungsschreiben eines deutschen Professors, der als Jude nach 1933 in das faschistische Italien emigriert war. Dort lebte er mehr schlecht als recht, aber unbehelligt von der Übersetzung von Romanen aus dem Italienischen ins Deutsche. "Nur manchmal", sagte er, "mußte ich die Namen ändern. Wenn im Original z.B. Chopin stand, setzte ich Schubert oder Schumann ein." Ein Deutscher jüdischer Abkunft flieht aus dem einen Faschismus in den anderen, wo eine der Maitressen Mussolinis, die Jüdin Margherita Sarfatti, eine renommierte Kunstkritikerin war. Erst ab 1938 verschärfte sich auch in Italien die Lage unter deutschem Einfluß. Der italienische Faschismus war deswegen aber nicht weniger rassistisch, er war nur nicht antisemitisch. Der Rassismus gegenüber den kolonisierten Völkern war, wie in allen imperialistischen Ländern, auch hier gängige Münze und verstand sich als "zivilisatorische Mission", als "des weißen Mannes Bürde", sein "Mühlstein am Hals" (Disraeli) und wurde z.T. auch in sozialistischen Kreisen vertreten.
In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.