Generationen von Sicherheitspolitikern in Uniform und in Zivil, die Militärs, die Parlamentarier, die Medien haben an der Debatte mitgewirkt, inwiefern Wehrpflicht und Demokratie aufeinander bezogen, ja geradezu komplementär seien. Diese These geriet zur Glaubensformel der Bonner Republik, aber auch der DDR. 1) Auch die Gegenposition aber, daß Militär und Demokratie einander ausschließen, war in Deutschland über all die Jahre wesentlich weiter verbreitet als allgemein bekannt ist; sie wurde still toleriert oder auch totgeschwiegen. Liberal-konservative Publikationen in den 60er Jahren wie zum Beispiel die von Georg Picht setzten dezidiert die Inkompatibilität voraus: "Die militärische Organisation... unterscheidet sich in fundamentaler Weise von der bürgerlichen Demokratie". 2) Derartige Erörterungen gewannen in der Phase der Reformkonzeption der Bundeswehr zu Beginn der 70er Jahre noch einmal einen höheren Stellenwert. Eine solche Kritik wird nicht nur von pazifistischer Seite vorgetragen, sondern ist vielfältig Gegenstand der wissenschaftlichen Theoriediskussion. 3) Die innere Verbindung von Demokratie und militärischem Dienst in der Weise, die Wehrpflicht konstituiere eine demokratische Armee, ist ein Kunst-Phänomen der Politik der Zeitgeschichte, ein politisches Produkt der legitimatorischen Konsensbildung der Bonner Republik der 50er Jahre.
In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn.