Die Revolution von 1848/49 galt nicht nur der Durchsetzung freiheitlicher Regierungsformen in der europäischen Staatenwelt; sie war zugleich ein erster Höhepunkt der nationalen Bewegungen in Europa, die sich gegen die überkommenen dynastischen Herrschaftssysteme richteten und die Schaffung eines Europa freiheitlicher Nationalstaaten als ihr ideales Ziel proklamierten. Der große Prophet eines nationalstaatlichen Europa freier Völker war Guiseppe Mazzini, der seine visionäre Botschaft nicht zuletzt mithilfe der Geheimgesellschaften des "jungen Europa" unter Intellektuellen verbreitet hatte. In mancher Hinsicht nahm Mazzini bereits die Ideen Woodrow Wilsons vorweg, der nach dem Ende des Ersten Weltkrieges versucht hatte, das nationale Selbstbestimmungsrecht zur Richtschnur einer grundlegenden Neuordnung Europas zu erheben, mit dem Ziel, den Weltfrieden auf einige Dauer zu sichern. Auch wir stehen heute noch in der Tradition dieses großen Entwurfs eines Europas demokratischer Nationalstaaten, obschon dieser damals gescheitert ist. Auch wenn wir uns gegenwärtig anschicken, das Europa freier Nationen, welches sich nach dem Zweiten Weltkrieg gebildet und mit der großen Wende von 1989 seine Vollendung gefunden hat, mit einer europäischen Kuppel zu überwölben, bleiben doch die demokratisch verfaßten Nationalstaaten als seine Bauelemente weiterhin von großer Bedeutung.
In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn.