Präsidentschaftswahlen in den USA dauern mittlerweile zwei Jahre, eine Art Dauerlauf für denjenigen, der sich dieser Strapaze aussetzen will. Das eigentliche Wählen beginnt zwar erst Anfang des kommenden Jahres, in den Vorwahlen der Einzelstaaten, aber die Kandidaten sind schon seit geraumer Zeit unterwegs, wobei sie hauptsächlich viel Geld ausgeben. Geld ist der andere Name der amerikanischen Demokratie. Läßt der Geldnebel, der das Wahlsystem einhüllt, es überhaupt zu, Charakter auszumachen? Dabei ist es gerade Charakter, wonach die amerikanischen Wähler bei ihren Kandidaten verzweifelt suchen. Ideologie interessiert die Mehrheit weniger. Der Zentralisierungsdruck des amerikanischen Systems bewirkt, daß Kandidaten mit ausgeprägten ideologischen Standpunkten linker oder rechter Provenienz keine Chance haben. Das Fiasko der "republikanischen Revolution" des Newt Gingrich hat aufs Neue demonstriert, daß radikale Positionen die Mainstream-Wähler verschrecken. Andererseits laden die Vorwahl-Kampagnen zu ideologischem Extremismus geradezu ein, weil diejenigen, die sich überhaupt die Mühe machen, an Parteivorwahlen teilzunehmen (und das sind heutzutage nicht viele), in der Regel Parteiaktivisten sind.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.