Bundestagsrede von Helmut Kohl am 1. Juli 1999 (Auszüge)
Am 7. September 1949 tagte der Deutsche Bundestag zum ersten, am 1. Juli 1999 zum letzten Mal in Bonn. Aus der Debatte "50 Jahre Demokratie - Dank an Bonn", in der unter anderen Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD), Antje Vollmer (Bündnis 90/Die Grunen), Wolfgang Gerhardt (FDP) und Christa Luft (PDS) das Wort ergriffen, dokumentieren wir nachstehend die Rede des vormaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl, die über die Fraktionsgrenzen hinweg als "Ermahnung und Vermächtnis" (FAZ) bewertet wurde. - D. Red.
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Wir nehmen heute als Parlament Abschied von Bonn. Das bedeutet aber in keiner Weise eine Abkehr von den Werten und den Grundentscheidungen unserer Verfassungsordnung. Zu dieser Grundentscheidung bekennt sich die Mehrheit der Menschen - im Westen wie im Osten unseres Vaterlandes. Deshalb - und es ist wichtig, das auszusprechen - ist die Rückkehr von Parlament und Regierung nach Berlin auch in gar keiner Weise eine Restauration von etwas Vergangenem. Sie ist vielmehr die Krönung des jahrzehntelangen Strebens der Deutschen nach Einigkeit und Recht und Freiheit.
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Wir dürfen nicht vergessen, daß ohne den Weg nach Europa, daß ohne die europäische Integration die Wiederherstellung eines deutschen Nationalstaats im Herzen des Kontinents den meisten unserer Nachbarn schwer oder gar unerträglich erschienen wäre.