Rußlands Präsident Boris Jelzin ginge gern als derjenige in die Geschichte ein, der die Wurzeln der russischen Demokratie legte. Aber diese löbliche Absicht wird untergraben von dem Bedürfnis, entscheidenden Einfluß auf seine Nachfolge zu nehmen, um sicherzustellen, daß die Korruptheit seiner politischen Entourage weder seinem Ansehen schadet noch seine politisch einflußreiche Tochter, deren Freunde und seine Unterstützer ruininiert. Infolgedessen hat Jelzin Wladimir Putin, einen neuen Gefolgsmann aus dem Geheimdienst, zum Ministerpräsidenten gemacht, der mit Sergej Stepaschin einen alten Getreuen aus demselben Dienst ersetzt. Während seiner dreimonatigen Amtszeit gelang es Stepaschin nicht, den vermutlichen Herausforderer Luschkow aus der Bahn zu werfen. Dieser hat gerade eine politische Allianz mit einflußreichen Gouverneuren in Regionen und Republiken Rußlands gezimmert, was ihm eine landesweite Wahlbasis verschafft, die er vorher nicht besaß. Die praktischen Auswirkungen des Austauschs von Ministerpräsidenten sind in Rußland eher gering.
Es gibt nicht viel zu tun bis zu den Duma-Wahlen am 19. Dezember. Stepaschin brachte Ende Juli eine Vereinbarung mit dem Internationalen Währungsfonds über einen Stand-by-Kredit in Höhe von 4,5 Mrd. Dollar zustande, so daß es dem Land erspart bleibt, vor Dezember Bankrott anzumelden.