Ausgabe Juli 2000

Über die Verwechslung von Standortpolitik und Verantwortung

Laudatio auf den Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte

Die "Blätter für deutsche und internationale Politik" verleihen ihren Demokratiepreis im Jahr 2000 dem "Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte". Damit würdigen wir nicht nur dankbar die unschätzbare humanitäre Leistung, die der Bundesverband im Interesse von Tausenden von Geschädigten und Traumatisierten vollbracht hat, sondern vor allem - es geht schließlich um einen Demokratiepreis - den besonderen Beitrag, den der Bundesverband mit seinen Aktivitäten für den Ausbau und die Festigung der deutschen Demokratie und ihrer politischen Kultur in einer Zeit erbrachte und erbringt, in der die mühsam genug erworbenen Fundamente der deutschen Demokratie durch eine immer aggressivere Ausrichtung des politischen Betriebs auf kollektiven und individuellen Eigennutz Stück für Stück ausgehöhlt werden. So wie es im einzelnen menschlichen Leben Schicksalsschläge, Tragödien, nicht wiedergutzumachende Fehler und unumkehrbares Unglück gibt, mit dem wir zwar leben, das wir aber nicht mehr ändern können, so existieren auch in der Geschichte sozialer Großkollektive - etwa von Nationen - Brüche und Einschnitte, zu denen wir uns verhalten müssen, die aber nicht mehr zu wenden sind. Dies in Deutschland nicht zu vergessen, bedarf es bisweilen des Anstoßes von außen.

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In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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