Kofi Annan erweist sich als ein Generalsekretär, der keinen Vergleich mit seinen Vorgängern in der UN-Zentrale zu scheuen braucht. Er legt ein realistisches Verständnis dessen an den Tag, was die UNO nicht leisten kann und was sie versäumt hat. Aber er sieht auch, was sie leisten könnte, ohne es bisher je ins Auge gefaßt zu haben. Seinen "Millenniums-Gipfel" kann er wohl als Erfolg verbuchen. Alle Eingeladenen erschienen, und die Veranstaltung beförderte, wie von Annan geplant, den Neustart der seit den 60er Jahren ziemlich gebeutelten Weltorganisation. Die Kongo-Intervention unter dem damaligen Generalsekretär Dag Hammarskjöld kann als der bis dato letzte Versuch der Vereinten Nationen gelten, in eigener Regie aktiv zu werden. Kofi Annan hat der Organisation einen Handlungsspielraum zurückgewonnen, wie sie ihn seit Hammarskjölds Tod im Jahre 1961 nie mehr besaß. In dieser Hinsicht erwies sich sogar die Knausrigkeit des US-Kongresses als hilfreich, weil sie den früher überwältigenden Einfluß der USA am East River schrumpfen ließ. Annan scheute sich nicht, nach Washington zu gehen und Senator Jesse Helms, den Erzfeind der UNO, in der Höhle des Löwen entgegenzutreten. Auf diese Weise gelang es ihm, die Beziehung zwischen Washington und der Weltorganisation zu verändern.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.