Ausgabe Juli 2002

Katzenjammer in Madrid

Eine zweite Umarmung kann selten so herzlich sein wie die erste. Deswegen durfte man sich vom Madrider Gipfeltreffen im Mai 2002 zwischen der EU und Lateinamerika keine Überraschungen erwarten. Die politischen Tupfer, welche die Tagungsroutine abdriften ließen, müssen allerdings beunruhigen. Erinnern wir uns: Europa und Lateinamerika ergeben eine alte Beziehungskiste. Bereits 500 Jahre dauert die historische - wenngleich asymmetrische Partnerschaft. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als Europas Integration Gestalt anzunehmen begann, insinuierte Lateinamerika, inzwischen fest in das von den USA dominierte panamerikanische System eingebunden, auf eine neue, eine substanzielle Partnerschaft, als diagonale Kooperation zweier geographischer Subsysteme, die beide gegenüber Washington mehr Autonomie wünschten.

Europa - das Europa von Brüssel - stellte sich lange taub und bot Austausch lediglich im Rahmen seiner globalen Entwicklungspolitik an. Erst in den 80er Jahren, als Brüssel in der mittelamerikanischen Krise politisch Profil zeigte und Spanien sowie Portugal als neue EU-Mitglieder den diagonalen Blick über den Atlantik intensivierten, ergaben sich handfeste Annäherungen.

Sie haben etwa 11% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 89% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema