Ausgabe Mai 2002

Stolz darauf

Die turbulente Abstimmung im Bundesrat und der mit Kraft losgetretene Wahlkampf lassen es in den Hintergrund treten: Deutschland belegt bei Regelungen des humanitären Zuwanderungsrechts im internationalen, vor allem europäischen Vergleich bereits jetzt einen der hinteren Plätze. Inhaltlich stritten die bundesdeutschen Parteien zuletzt noch um Familienzusammenführung sowie nichtstaatliche und geschlechtsspezifische Verfolgungsgründe. Die kleinkarierte Debatte um das Nachzugsalter und die vom neuen Gesetz vorgesehene Zwölf-Jahres-Grenze lässt Deutschland in der Tat hinter den europäischen Nachbarn herhinken. Umgekehrt die Diskussion um die Anerkennung nichtstaatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgungsgründe: Hier hat das im Bundesrat mit knapper (und weiterhin umstrittener) Mehrheit verabschiedete Gesetz erstmals den Anschluss an europäische, ja internationale Standards gesucht. Für beide Aspekte bestehen längst europäische Richtlinienvorschläge zur Angleichung der nationalen Regelungen. Sie betonen sowohl den Flüchtlings- als auch den Familienschutz in sehr viel stärkerem Maße als das bestehende deutsche Recht.

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Verbrecherische Komplizen: Libyen und die EU

von Sigrun Matthiesen, Allison West

Es war ein Tiefpunkt in der Geschichte der Seenotrettung: 20 Minuten lang beschoss am 24. August ein Patrouillenboot der libyschen Küstenwache die Ocean Viking, ein Rettungsschiff der Seenotrettungsorganisation SOS Méditerranée.

Von Milošević zu Trump: Die bosnische Tragödie und der Verrat an den Bürgerrechten

von Sead Husic

Es herrschte keine Freude bei der bosnisch-herzegowinischen Regierungsdelegation am 22. November 1995 auf dem Wright-Patterson-Luftwaffenstützpunkt in Dayton. Eben hatte sie dem Friedensabkommen mit der Bundesrepublik Jugoslawien, die noch aus Serbien und Montenegro bestand, und Kroatien zugestimmt, doch sie fühlte sich betrogen.