Ausgabe November 2002

Das österreichische Experiment

Österreich war das erste Land in der Europäischen Union, in dem eine rechtsextreme Partei in die Regierung gelangte. Damals, im Februar 2000, gab es international große Aufregung 1, aber diese wich mit der Zeit einer merkwürdigen Mischung aus Desinteresse und Lethargie. Österreich ist ein kleines Land, es wurde einfach nicht mehr beachtet. Als aber Italien folgte, Le Pen in Frankreich bei der Präsidentenwahl Zweiter wurde und von Norwegen bis zur Musterdemokratie Schweiz Xenophobie schürende Parteien Zulauf bekamen, griff Ratlosigkeit um sich.

Einen symbolischen Ausdruck fand die allgemeine Hilflosigkeit gegenüber dieser Entwicklung darin, dass viele europäische Medien den Begriff "rechtsextrem" durch "populistisch" beziehungsweise "rechtspopulistisch"ersetzten. 2 Man konnte die Zustände nicht verhindern, also veränderte man die Bezeichnung. Dadurch wurde ein in demokratiepolitischer Hinsicht außerordentlich problematischer Umstand verharmlost, denn Populismus, also die Herrschaft des"gesundenVolksempfindens", ist zwar eine bedenkliche Art Politik zu betreiben, aber nicht automatischextremrechtsoderlinks. Populisten können auch Demokraten sein, Rechtsextremisten nicht. Das Pauschalurteil "Populismus" verwischt außerdem die beträchtlichen Unterschiede zwischen den politischen Bewegungen der diversen Länder.

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