Jetzt wissen wir’s: Valéry Giscard d’Estaing, ehemaliger Präsident der Republik Frankreich (zu Zeiten des Bundeskanzlers Helmut Schmidt, mit dem er die Grundlagen für die Europäische Währungsunion schuf) und derzeit Präsident des Verfassungskonvents der Europäischen Union ist arrogant, vom Interesse seines Landes bestimmt und nur an seiner eigenen Imagepflege (und seiner Aufwandsentschädigung) interessiert. Dieses (Vor-)Urteil reicht in den Augen der Kritiker und Betroffenen aus, seine - zugegebenermaßen persönlichen - Vorschläge zur Neuordnung des institutionellen Gefüges der Union im Zuge der Erweiterung um zehn osteuropäische Staaten zu disqualifizieren. Es ist allerdings zu vermuten, dass ganz andere Gründe das Europäische Parlament, die Kommission und einzelne nationale Regierungen veranlassen, sich querzulegen.
Dabei klingen Giscards Vorschläge durchaus vernünftig. Beispielsweise soll die Union einen Präsidenten bekommen, der für zweieinhalb Jahre gewählt wird. Damit würde dem ständigen halbjährlichen Herumziehen der Ratspräsidentschaft (wie weiland der Kaiser im Mittelalter) ein Ende gesetzt. Die Bedenken gegen diesen Vorschlag lauten, dass er den Einfluss der nationalen Mitgliedsstaaten erheblich beeinträchtigen würde.