Ausgabe März 2003

Politik des Hausverstand

Österreich nach Haider

Dass österreichische Politik in internationalen Medien und von einer internationalen Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen und kommentiert wurde, verband sich seit rund 15 Jahren untrennbar mit dem Phänomen der FPÖ und ihrem (ehemaligen) Parteiführer Jörg Haider. Eine bizarre Mischung aus politischem Tadel und moralischer Empörung, nachsichtiger Ironie und strikter Zurückweisung (seltener, aber auch: Apologetik), begleitete den Aufstieg einer Partei, die den politisch-kulturellen Tabubruch zum Programm erhob und in einer im Nachkriegsösterreich bisher nicht gekannten Weise Ressentiments zur politischen Nutzenmaximierung mobilisierte. Als Angriffsflächen freiheitlicher Politik dienten die Grundsäulen des politischen Systems der Zweiten Republik Österreichs und die Institutionen der repräsentativen parlamentarischen Demokratie: die beiden staatstragenden Parteien SPÖ und ÖVP, die Sozialpartnerschaft und ihre Wirtschaftsverbände (insbesondere jene der Arbeitnehmerseite) oder etwa der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Darüber hinaus aber auch „Ausländer“, Künstler und Intellektuelle, Antifaschisten und Linke, „Bonzen“ und „Sozialschmarotzer“, all jene also, die zum Identifikationsangebot, zum „Wir“ der FPÖ, das sich folglich aus Negativprojektionen konstituierte, nicht passten.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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