Ernst Bloch und Seyla Benhabib
Das jüdische Pessachfest – in der christlichen Welt als Passah oder Passover bezeichnet – ist zwar nicht der höchste jüdische Feiertag, wohl aber der populärste. Das liegt nicht zuletzt daran, dass in seinem Zentrum ein rituelles, von der ganzen Familie und Gästen gefeiertes abendliches Erinnerungsmahl mit einer Fülle symbolischer Speisen, Liedern und gemeinsam rezitierten Legenden steht. Bei alledem geht es um den Exodus der Kinder Israel aus Ägypten, also um ein Fest der Befreiung und der Freiheit. Es geht um erkämpfte und erzwungene Auswanderung, um die Vision auf eine neue, alte Heimat, also um eine, wenn auch gewaltsame, Einwanderung und den Empfang einer göttlichen, normativen, auf Gerechtigkeit zielenden Weisung. Bekanntlich hat Gott gemäß der Bibel die Ägypter und Pharaonen mit einer eskalierenden Reihe von Plagen gezwungen, die Kinder Israel ziehen zu lassen – die letzte und schwerste Plage, die von Gott selbst vorgenommene Tötung aller ägyptischen Erstgeburten, brachte den Pharao schließlich zum Einlenken. Die im Lauf der Jahrhunderte entstandene Haggadah schel Pessach, der liturgische Text des Pessachmahls, verzeichnet dies mit Dank.