Ausgabe Dezember 2009

Utopie und Anti-Utopie

Das Prinzip Hoffnung im kosmopolitischen Zeitalter

Die Verleihung eines Preises, der im Namen eines großen Denkers gestiftet wird, bringt den Preisträger unmittelbar in die Position, über mögliche Affinitäten, gar Einflüsse nachzudenken, die das Werk dieses Denkers auf die eigene Arbeiten ausgeübt hat. In meinem Fall war das nicht sonderlich schwer: Mein erstes Buch, „Critique, Norm and Utopia: A Study of the Foundations of Critical Theory“, das 1986 in englischer Sprache erschienen und 1992 ins Deutsche übersetzt worden ist, endet mit folgenden Worten Ernst Blochs: „Das Problem eines Erbes am klassischen Naturrecht ist suo modo ebenso dringend, wie es dasjenige an sozialen Utopien war. Soziale Utopien und Naturrecht hatten ein sich ergänzendes Anliegen im gleichen humanen Raum; getrennt marschierend, leider nicht vereint schlagend […]. Die Sozialutopie ging auf menschliches Glück, das Naturrecht auf menschliche Würde. Die Sozialutopie malte Verhältnisse voraus, in denen die Mühseligen und Beladenen aufhören, das Naturrecht konstruierte Verhältnisse, in denen die Erniedrigten und Beleidigten aufhören.“1 Was an der zitierten Stelle von so zentraler Bedeutung ist, ist das Insistieren auf den Begriff der Utopie – und das gerade trotz des Niedergangs der „Philosophie des singulären Kollektivsubjekts“. Lassen Sie mich meine Perspektive hierzu im Folgenden erläutern.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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