60 Jahre nach seiner Gründung steht der Staat Israel am Scheideweg. Die Wahlen im Februar d.J. haben die politische Landkarte vollkommen verändert. Die einst mächtige Arbeitspartei, die das Land Jahrzehnte regierte, ist mit ihren lediglich 13 Abgeordneten in der Knesset, dem 120köpfigen israelischen Parlament, nur mehr viertgrößte Fraktion. Die einst stolze linke Oppositionspartei Meretz ist auf drei Mandate geschrumpft. Zum Erschrecken vieler Wählerinnen und Wähler hat dagegen die Partei Israel Beitenu („Unser Haus Israel“) mit rassistischen Losungen gegen Israels palästinensische Bürger den dritten Platz mit 15 Abgeordneten erobert. Ihr Vorsitzender, Avigdor Liebermann, ist jetzt neuer Außenminister, obwohl intensive Ermittlungen wegen Betrugsverdachts gegen ihn laufen.
Wie erklärt sich dieser dramatische Rechtsruck?
Über 40 Jahre als Besatzungsmacht, die über dreieinhalb Millionen Palästinenser gegen ihren Willen beherrscht, haben die Moral der israelischen Gesellschaft erschüttert und in bestimmten Teilen zerstört. 14 Generationen von Soldaten im dreijährigen Pflichtdienst und noch viele tausende Reservesoldaten mussten in diesen vier Jahrzehnten Israels Besatzungskräfte stellen. Sie müssen jeden Tag Entscheidungen über das Schicksal vieler tausender Palästinenser treffen, die oft willkürlich und auch boshaft sind.