Ausgabe Januar 2011

Die neue Bundeswehr: Freiwillig und kriegerisch?

In der Tat, man muss dem Bundesverteidigungsminister ein Kompliment machen: Die Aussetzung der (Rest-)Wehrpflicht und der Übergang zur Freiwilligenarmee – und eben nicht zu einer von der Gesellschaft abgeschotteten Berufsarmee – waren schon lange überfällig. Wo jetzt insgesamt mehr auf Freiwilligkeit gesetzt wird, ist dies ein Fortschritt an Demokratie und eine große Chance. Aber es ist schon ein erstaunliches Phänomen, wie Grüne, Linke und FDP mit ihren Argumenten gegen die Wehrpflicht und für eine Freiwilligenarmee über viele Jahre gegen Mauern der Wehrpflichtgläubigen redeten – und wie jetzt unter einem neuen Burgherrn die Mauern fallen, die allermeisten Wehrpflichtverteidiger kampflos beigeben oder umschwenken, unsere Argumente zum großen Teil übernommen werden.

Grund also nicht nur zur Genugtuung: Es ist ein Beispiel, wie dicht immer wieder Dogmatismus und Opportunismus beieinander liegen. Welchen Aufstand hätte es gegeben, wenn sich Rot-Grün so etwas erlaubt hätte!

Fest steht jedoch: Mit der reinen Freiwilligkeit wird sich das Bewerberpotential der Bundeswehr erheblich verschieben. Umso mehr kommt es zukünftig auf sorgfältige Personalauswahl, politische und ethische Bildung und vor allem auf eine sorgfältige Ausbildung des Führungspersonals an.

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