Gerade wer wie ich das bisherige Pontifikat Benedikts XVI. eher kritisch einschätzt – nota bene: Dabei geht es mir in erster Linie um sein Wirken als religious leader, als Oberhirte einer Weltreligion, nicht um die Schriften des akademischen Theologen und Patristikers Joseph Ratzinger –, wird dem Heiligen Vater nach seinem letzten Besuch in seinem Heimatland die Hochachtung nicht versagen können.
Benedikt XVI. hat nämlich diesmal nicht nur – im Kontrast zur berühmt-berüchtigten Regensburger Vorlesung von 2006 – keinen Fehler gemacht; sondern sich insgesamt ganz gut geschlagen. In Rom würde man sagen: ha fatto bella figura.
Zugleich hat er eventuelle Ambivalenzen ein für allemal beseitigt, die im Verhältnis von hierarchischer Amtskirche und staatlicher Demokratie durchaus bestanden haben mögen.
Das gilt für seine öffentlichen Äußerungen zu den sexuellen Missbrauchsverbrechen in Institutionen der katholischen Kirche und sein privates Treffen mit Missbrauchspfern in Erfurt; das gilt ebenso für den souveränen Umgang mit den üblichen Anti-Papst-Protesten der antiklerikalen Subkultur in Deutschland: „In einer freien Gesellschaft und in einer säkularisierten Zeit ist es normal, dass es Oppositionen gegen einen Besuch des Papstes gibt.