Nicht Griechenland, sondern Frankreich erlebte am Abend des 17. Juni eine historische Zäsur, die jene des ersten sozialistischen Wahlsiegers François Mitterrand noch übersteigt: François Hollande und der Parti Socialiste (PS) verfügen nun über eine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung und über eine Mehrheit im Senat. Damit scheinen sie in der komfortablen Lage von Siegern zu sein, die sich umgehend ans Durchregieren machen können. Auf die Hilfe der Grünen sind sie dabei nicht angewiesen. Diese bleiben mit ihren 20 Sitzen in Frankreich bloße Dekoration.
Präsident Hollande hat einen flotten Start hingelegt und rasch einige Wahlversprechen erfüllt: Rente mit 60 für jene Minderheit von Versicherten, die 41 Beitragsjahre nachweisen können, Geschlechterparität bei Ministern und Staatssekretären, Berufung von Ministern ausländischer Herkunft. Vor allem aber hat Hollande vom ersten Tag seiner Amtszeit an deutlich gemacht, dass es mit dem Hyperaktivismus und dem Glamour der Sarkozy-Jahre vorbei ist.
Die Französinnen und Franzosen wählten nicht – wie deutsche Kommentatoren nahelegten – im kollektiven Glauben an eine bevorstehende Revolution, und sie haben die Revolution auch nicht im Blut, wie einige meinten. Sie wählten auch nicht einen Langweiler, sondern ziemlich illusionslos einen ziemlich nüchternen Mann.