Zur Ambivalenz von Kirche und Macht in Lateinamerika
Als am 13. März über der Sixtinischen Kapelle weißer Rauch aufstieg und das Ergebnis des Konklaves bekannt wurde, war die Überraschung groß: Mit der Wahl des Argentiniers Jorge Mario Bergoglio, dem ersten Südamerikaner, zum neuen Papst hatten die wenigsten gerechnet. Das unkonventionelle und volksnahe Auftreten von Papst Franziskus, der nach seiner Wahl – die für ihn bereitstehende Limousine ausschlagend – mit den Kardinälen gemeinsam im Bus zum Abendessen fuhr, verwunderte so manche Kommentatoren. In den folgenden Tagen und Wochen beschäftigten die Medien jedoch vor allem zwei Aspekte: Bergoglios Engagement für die Armen und seine Rolle während der argentinischen Militärdiktatur.
Der Fall der beiden Pater Jalics und Yorio
Als am 24. März 1976 die Streitkräfte gegen die amtierende Präsidentin Isabel Perón putschten, begann das dunkelste Kapitel der argentinischen Geschichte: eine Hexenjagd auf tatsächliche und vermeintliche Regimegegner. Die Streit- und Sicherheitskräfte gingen mit großer Brutalität vor. Über das Land verteilt gab es 340 geheime Haft- und Folterzentren. 30 000 Menschen sollen nach Angaben der Menschenrechtsbewegung während der Diktatur „verschwunden“ sein. Die tatsächliche Zahl dürfte zwar etwas niedriger liegen; doch immerhin rund 13 500 Fälle sind mittlerweile dokumentiert.