
Am 1. September jährt sich der Beginn des nationalsozialistischen Vernichtungskrieges zum 75. Mal. Den ungeheuren Zynismus dieses Krieges bringt in beispielloser Weise jene bekannte dreistündige Rede zum Ausdruck, die der Reichsinnenminister und Reichsführer-SS Heinrich Himmler am 4. Oktober 1943 im Goldenen Saal des Schlosses von Posen hielt. Vor zweiundneunzig SS-Offizieren sagte er: „Von euch werden die meisten wissen, was es heißt, wenn hundert Leichen beisammen liegen, wenn fünfhundert daliegen oder wenn tausend daliegen. Dies durchgehalten zu haben, und dabei [...] anständig geblieben zu sein, das hat uns hart gemacht.“
Dass dieses „Ruhmesblatt unserer Geschichte“ (Himmler), auch Ausdruck eines völlig neuen Rechtsverständnisses gewesen ist, kann man dem bemerkenswerten Buch von Herlinde Pauer-Studer und Julian Fink entnehmen.
Das Rechtsdenken im Nationalsozialismus, die Rolle der Juristen in Justiz und Wissenschaft haben bisher meist Juristen, Historiker oder Politologen untersucht. Herlinde Pauer-Studer nähert sich der Thematik als Philosophin aus einem völlig anderen Blickwinkel. Gemeinsam mit Julian Fink hat sie sich die Originaltexte von Rechtsgelehrten angeschaut und veröffentlicht, die sich dem Nazi-Regime gegenüber nicht nur loyal zeigten, sondern auch an der rechtlichen Umgestaltung des Staates beteiligt waren.