Ausgabe September 2014

Das Recht zur Vernichtung

Am 1. September jährt sich der Beginn des nationalsozialistischen Vernichtungskrieges zum 75. Mal. Den ungeheuren Zynismus dieses Krieges bringt in beispielloser Weise jene bekannte dreistündige Rede zum Ausdruck, die der Reichsinnenminister und Reichsführer-SS Heinrich Himmler am 4. Oktober 1943 im Goldenen Saal des Schlosses von Posen hielt. Vor zweiundneunzig SS-Offizieren sagte er: „Von euch werden die meisten wissen, was es heißt, wenn hundert Leichen beisammen liegen, wenn fünfhundert daliegen oder wenn tausend daliegen. Dies durchgehalten zu haben, und dabei [...] anständig geblieben zu sein, das hat uns hart gemacht.“ 

Dass dieses „Ruhmesblatt unserer Geschichte“ (Himmler), auch Ausdruck eines völlig neuen Rechtsverständnisses gewesen ist, kann man dem bemerkenswerten Buch von Herlinde Pauer-Studer und Julian Fink entnehmen.

Das Rechtsdenken im Nationalsozialismus, die Rolle der Juristen in Justiz und Wissenschaft haben bisher meist Juristen, Historiker oder Politologen untersucht. Herlinde Pauer-Studer nähert sich der Thematik als Philosophin aus einem völlig anderen Blickwinkel. Gemeinsam mit Julian Fink hat sie sich die Originaltexte von Rechtsgelehrten angeschaut und veröffentlicht, die sich dem Nazi-Regime gegenüber nicht nur loyal zeigten, sondern auch an der rechtlichen Umgestaltung des Staates beteiligt waren.

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In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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