Gleich zwei Mal sind die Kolumbianerinnen und Kolumbianer in diesem Frühjahr zur Wahl aufgerufen: Am 11. März stimmen sie über ein neues Parlament und am 27. Mai über einen neuen Präsidenten ab. Doch bei den Wahlen geht es diesmal um weit mehr als um das zukünftige politische Personal des Landes.
Nach dem Referendum vom Oktober 2016 gelten sie als eine zweite Abstimmung über das historische Friedensabkommen. Denn ein Jahr nach dessen Abschluss haben die linken FARC-Rebellen zwar ihre Waffen abgegeben und sich als politische Partei konstituiert. Der Kongress aber ist bei der gesetzlichen Umsetzung des Abkommens einiges schuldig geblieben. So existieren viele der zwischen der Regierung von Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos und den Rebellen getroffenen Vereinbarungen weiterhin nur auf dem Papier und müssen in der nächsten Legislaturperiode rechtlich umgesetzt werden.
Die Aussichten für den Friedensprozess hängen deshalb stark davon ab, wer sich bei der Kongress- und der darauffolgenden Präsidentschaftswahl durchsetzen wird. Gleiches gilt auch für die Friedensverhandlungen mit dem ELN, der lange Zeit zweitgrößten Rebellengruppe Kolumbiens. Diese ist vielerorts in ehemalige FARC-Gebiete eingedrungen und liefert sich dort Gefechte mit den Nachfolgern der rechten Paramilitärs.