
Bild: Die Fraktionen der FDP und der AfD im Deutschen Bundestag, 26.10.2021 (IMAGO / IPON)
Wir sind derzeit Zeugen eines erstaunlichen Paradoxes: Das Krisenmanagement der etablierten Demokratien erweist sich sowohl im historischen als auch im Systemvergleich durchaus als einigermaßen erfolgreich. Trotzdem geht das Vertrauen in sie merklich zurück. Die demokratische Entfremdung beschleunigt sich zusehends.
Nicht zuletzt die Coronakrise hat die Verlagerung der Machtzentren in den Demokratien in ein helles Licht gerückt. Die Exekutive hat im Verbund mit nichtmajoritären Institutionen die wichtigsten Entscheidungen getroffen. Parlamente und Parteien übten den „autonomen Nachvollzug“, wie es in der Schweiz mit Blick auf die Umsetzung des Europarechts heißt. Im Ergebnis führt das zu einem erheblichen Repräsentationsdefizit.
Wir stoßen somit auf eine doppelte Entfremdung von der Demokratie: Die realen Entscheidungsverfahren entfremden sich vom Modell der parlamentarischen Demokratie, und viele Bürgerinnen und Bürger entfremden sich von demokratischen politischen Systemen. In der Konsequenz wachsen die gesellschaftlichen Spannungen, schmilzt das Vertrauen in die Demokratie wie unter einem Brennglas langsam weg. Dieser Umstand wird von autoritär-populistischen Kräften geschickt zur Mobilisierung genutzt. Sie nehmen für sich in Anspruch, schlecht repräsentierte Gruppen zu vertreten und für sie zu kämpfen. Der Populismus profitiert von realen Problemen der Demokratie, ohne zu ihrer Lösung viel beizutragen.