
Bild: Massenproteste gegen das »Agentengesetz« in Tbilissi, 9.3.2023 (IMAGO / ITAR-TASS)
„Für eine europäische Zukunft“ steht auf einem riesigen Banner, daneben wehen EU-Flaggen, aber auch georgische und ukrainische Fahnen. Tausende Menschen haben sich am katholischen Ostersonntag auf dem prächtigen Rustaweli-Boulevard im Herzen der georgischen Hauptstadt Tbilissi versammelt.[1] Zur Demonstration aufgerufen hatte die Vereinte Nationale Bewegung (ENM) des inhaftierten Ex-Präsidenten Michail Saakaschwili, die größte Oppositionspartei des Landes. Deren Vertreter:innen werfen der Regierung vor, unabhängige Medien zum Schweigen zu bringen und politische Widersacher:innen unrechtmäßig zu inhaftieren. Die Menschen, die am 9. April auf den Platz vor dem Parlamentsgebäude gekommen sind, haben aber auch grundlegendere Sorgen: dass die Regierungspartei Georgischer Traum (KO) die gewünschte Annäherung an Europa blockiert.
Die Demonstration zeigt, dass die Unzufriedenheit mit der Politik der Regierung keineswegs verschwunden ist – auch wenn diese zuletzt Zugeständnisse an die Protestbewegung machte. Im Februar hatte eine Umfrage ergeben, dass sich 61 Prozent der Wähler:innen von keiner Partei repräsentiert fühlen. 81 Prozent sprachen sich für Georgiens Integration in die EU aus. Europa ist für viele ein Hoffnungsanker, gerade für die junge Generation des Landes.[2] Was im März dann folgte, waren die schlagkräftigsten Proteste seit Jahren. Zehntausende wollten die neueste autoritäre Entgleisung der Herrschenden nicht mehr hinnehmen.