
Bild: Ex-Kanzler Gerhard Schröder in St. Petersburg, 4.6.2021 ( IMAGO / ITAR-TASS / Valery Sharifulin)
Nein, diesmal gibt es nichts zu feiern für Gerhard Schröder am 27. Oktober, dem 25. Jahrestag von Rot-Grün. Noch vor fünf Jahren lud der Ex-Kanzler die wackeren Ritter seines Kabinetts zu einer großen Tafelrunde. Aber dann kam der vermaledeite Ukrainekrieg, Gazprom-Gerd blieb Putin treu und der Rest der rot-grünen Bande sagte Adieu. Nur einer kehrte zurück, der einstige Beelzebub, der gefallene Engel Oskar. Denn in Sachen Putin-Liebe passt nun endlich wieder kein Blatt Papier zwischen die beiden alten Genossen.
Es ist daher nicht überliefert, ob es nicht doch wenigstens ein kleines Tête-à-Tête zur Feier des Jahrestages gibt, erweitert um Sahra und Soyeon. In jedem Fall fällt die große Sause aus. Stattdessen lud Schröder die „Süddeutsche Zeitung“ zum Gespräch („Ich bereue nichts“, vom 14./15. Oktober). Und das liest sich fast wie eine Bewerbung für Wagenknechts neue Partei.
Zunächst stellt Schröder klar, wie er sich eine moderne Migrationspolitik vorstellt. „Rechtsstaat heißt nicht, vor allem Minderheiten zu schützen, sondern die Mehrheit zu schützen vor Kriminalität.“ Hoppla, für einen Juristen ist das ein starkes Stück. Schließlich lernt man schon im ersten Semester, dass die Menschenrechte des Grundgesetzes dem einzelnen Individuum, also der kleinstmöglichen Minderheit, und nicht irgendwelchen Mehrheiten zustehen. Aber Schröder war in dem Punkt schon immer wendig.