
Bild: Pieter Omtzigt, Gründer des Nieuw Sociaal Contract (»Neuer Gesellschaftsvertrag«, NSC) in Den Haag, 23.5.2023 (IMAGO / ANP)
Nehmen wir an, Sie gehören zu jenen Menschen, die nur hin und wieder etwas über die Niederlande lesen. Alle paar Jahre, sagen wir, wenn gerade wieder einmal Wahlen anstehen. Meist folgen die Berichte dann einem gewissen Muster: In dem kleinen Land, das man lange für so harmonisch und beschaulich hielt, hat sich eine neue Protestpartei gebildet, die zumindest vorgibt, den Unmut weiter Bevölkerungsteile zu artikulieren, und die das politische Establishment, „die Elite“ oder „Den Haag“ herausfordert.
Meist erscheinen diese Akteure recht abrupt auf der Bildfläche. Ihr Zuspruch wächst, getragen vom Momentum der jeweiligen Proteststimmung, so schnell an, dass es scheint, als könnten sie die gefestigte Ordnung tatsächlich über den Haufen werfen. Aber dann passiert etwas sehr Niederländisches: Die Dynamik erlahmt wegen interner Querelen wie bei der Lijst Pim Fortuyn, durch die Übersättigung mit rabiaten Aussagen gegen Minderheiten wie bei Geert Wilders‘ Partij voor de Vrijheid, oder wegen beidem wie beim Forum voor Democratie. Am Ende konsolidiert sich stets die Dominanz der marktliberalen Volkspartij voor Vrijheid en Democratie (VVD), die in wechselnden Koalitionen seit 13 Jahren regiert.
Nicht anders stellt sich die Lage vor den vorgezogenen Parlamentswahlen am 22. November dar – scheinbar zumindest. Denn in den vergangenen zwei Jahren ging es derartig hoch her, dass die politische Landschaft gründlich umgepflügt wurde.