Ausgabe Januar 2024

Die Freiheit der kleinen Nationen

Milan Kundera, Der entführte Westen. Die Tragödie Mitteleuropas, Kampa Verlag

Bild: Milan Kundera, Der entführte Westen. Die Tragödie Mitteleuropas, Kampa Verlag

Nicht erst seit der russischen Invasion der Ukraine blicken viele Menschen in Zentraleuropa mit Besorgnis nach Moskau. Doch der Gewaltherrscher im Kreml ist nur ein weiterer Protagonist, der vor dem Hintergrund einer deutlich älteren, großen historischen Lage agiert, die das Leben und Sterben in der Region bestimmt. Nachlesen kann man dies nicht zuletzt bei Milan Kundera: In seinen Romanen wie zum Beispiel „Das Buch vom Lachen und Vergessen“ umkreist der im vergangenen Sommer 94-jährig verstorbene Schriftsteller diese wiederkehrende Situation, die sich seit dem 2014 begonnenen und 2022 extrem ausgeweiteten Krieg um die Ukraine aktualisiert hat. Kundera näherte sich dem Problem aber auch in Essays, so schon 1967 in seiner Rede „Die Literatur und die kleinen Nationen“ und im international berühmten Text „Der entführte Westen“, den er 1983 im französischen Exil publizierte. Eingeführt von den Historikern Jacques Rupnik und Pierre Nora, sind beide Beiträge nun als Buch erstmals in deutscher Sprache erschienen. Bislang gab es „Der entführte Westen“ auf Deutsch nur in der kleinen linken Zeitschrift „Kommune“ – ein Symptom für die deutsche Fixierung auf die Sowjetunion bzw. Russland.

Mit historischer Tiefenschärfe stellt der tschechisch-französische Klassiker die Lage der kleinen Nationen zwischen Russland und Deutschland dar.

»Blätter«-Ausgabe 1/2024

Sie haben etwa 16% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 84% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (11.00€)
Druckausgabe kaufen (11.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema