Nach dem Balkonapplaus: Pflegereform ohne Weitblick
Corona hat die Probleme in der Pflege für alle offensichtlich gemacht. Doch nach dem Balkonapplaus fehlt es noch immer an nachhaltigen Verbesserungen.
Thomas Gerlinger, geb. 1959 in Emmern/Hameln-Pyrmont, Dr. phil., Dr. rer. med., Professor an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften an der Universität Bielefeld.
Im Folgenden finden Sie sämtliche »Blätter«-Beiträge von Thomas Gerlinger.
Corona hat die Probleme in der Pflege für alle offensichtlich gemacht. Doch nach dem Balkonapplaus fehlt es noch immer an nachhaltigen Verbesserungen.
Kaum eine Sozialreform im Ausland stößt hierzulande auf eine derart große Aufmerksamkeit wie die Gesundheitsreform in den Vereinigten Staaten. Denn die hohe Anzahl der Menschen, die in den USA ohne Krankenversicherungsschutz leben, gilt in der Bundesrepublik zu Recht als skandalös.
Der Koalitionsvertrag der Regierung Merkel/Westerwelle ist verschiedentlich als vage und wenig aussagekräftig bezeichnet worden – „ein Dokument der Unschärfe“, wie die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt.1 Zumindest was die gesundheitspolitischen Abschnitte des Papiers angeht, trifft diese Einschätzung jedoch nicht zu, im Gegenteil: Diese
Die jüngste Gesundheitsreform ist in vollem Gange. Nachdem der Bundestag im Februar 2007 das „Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversicherung“ (GKV-WSG) beschlossen hat, werden dessen einzelne Bestandteile nach und nach wirksam. Ein Kernstück der Reform, der Gesundheitsfonds, tritt am 1. Januar 2009 in Kraft.
Die bundesdeutsche Gesundheitspolitik steht vor großen Herausforderungen: die Einnahmebasis der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erodiert, das Finanzierungs- und Versicherungssystem ist durch vielfältige Gerechtigkeitsdefizite gekennzeichnet, und das Gesundheitswesen weist trotz hoher Kosten Qualitätsmängel auf.
Vor einem guten halben Jahr hat Ulla Schmidt das Amt der Bundesgesundheitsministerin angetreten.
Wenngleich die Gesundheitspolitik derzeit von den Themen BSE und Gentechnologie dominiert wird, stehen jenseits der Tagesaktualität die Probleme der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auf der Tagesordnung.