Ausgabe März 1997

Die pakistanische Dauerkrise

In den ersten Morgenstunden des 5. November 1996 schrillten in Islamabad die Telefone bei Politikern, Beamten und Journalisten, und eine Nachricht machte die Runde: "Die Regierung ist heute nacht gestürzt worden!" Präsident Farooq Ahmad Khan Leghari hatte kurz vor Mitternacht unter Verweis auf den 8. Verfassungszusatz, der dem Parlament noch vom Militärdiktator General Zia-ul-Haq aufgezwungen worden war 1), die gewählte Regierung Bhutto wegen Nichterfüllung ihrer Pflichten gegenüber der Nation, Korruption und Amtsmißbrauch abgesetzt, die Nationalversammlung aufgelöst und einen analogen Schritt für die Provinzialparlamente angekündigt. Die rechtliche Grundlage war der Artikel 58(2)b, der den Präsidenten mit entsprechenden Vollmachten ausstattet, sofern "eine Situation eingetreten ist, in welcher die Bundesregierung nicht in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Verfassung (Artikel 58) weitergeführt werden kann." 2)

Premierministerin Benazir Bhutto wurde noch in der Nacht vollständig von der Außenwelt abgeschnitten und zunächst unter Hausarrest gestellt, obwohl dieser Sachverhalt von offizieller Seite immer wieder bestritten wurde - wohl wegen des Fehlens einer rechtlichen Grundlage. Ohne richterlichen Haftbefehl oder eine konkrete Anklage wurden ihr Ehemann Asif All Zardan und eine Reihe Persönlichkeiten aus dem Umfeld Benazir Bhuttos verhaftet.

März 1997

Sie haben etwa 5% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 95% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Euphorie und Ernüchterung: Bangladesch nach dem Aufstand

von Natalie Mayroth, Dil Afrose Jahan

Im September fanden an der Universität Dhaka, einer der wichtigsten Hochschulen Bangladeschs, Wahlen zur Studentenvereinigung statt. Manche sehen sie als Testlauf für die nationalen Wahlen. Daher ist es ein Warnsignal, dass dort ausgerechnet der Studentenflügel der islamistischen Jamaat-e-Islami gewann.

Koloniale Nachwehen: Der Kampf um Kaschmir

von Amadeus Marzai

Ein brutaler Terroranschlag riss am Nachmittag des 22. April das idyllische Baisaran-Gebirgstal im von Indien kontrollierten Teil Kaschmirs aus seiner Ruhe. Es war der Beginn einer rapiden Eskalation im seit jeher angespannten indisch-pakistanischen Verhältnis und könnte sogar zum Ausgangspunkt eines größeren Krieges zwischen den beiden Nuklearmächten werden.

Südkorea: Vom Putschversuch zur Richtungswahl

von Fabian Kretschmer

Es ist mehr als nur ein Klischee, dass die südkoreanische Demokratie zu den lebhaftesten in ganz Asien zählt. Seit der Wahlkampf Anfang Mai offiziell eingeläutet wurde, sind die gläsernen Fassaden der Bürotürme in der Hauptstadt Seoul mit riesigen Plakaten der Spitzenkandidaten zugepflastert.