"Schon bald nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland haben alle demokratischen Kräfte die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts als eine Aufgabe von größter moralischer und menschlicher Tragweite angesehen und als solche auch behandelt." Diese oft zitierten Worte stehen am Beginn der sechsbändigen Restitutions- und Entschädigungsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland, herausgegeben vom Bundesfinanzministerium in Zusammenarbeit mit Walter Schwarz. 1) Sie werden in den letzten Wochen und Monaten gerne durch eine Zahl ergänzt: Über 100 Mrd. Mark, so ist in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften zu lesen, habe die Bundesrepublik bisher für die Entschädigung von NS-Opfern ausgegeben, was im übrigen den Tatsachen entspricht. Perspektivwechsel: Das Bundesentschädigungsgesetz (BEG) wurde bekanntlich 1965 als Schlußgesetz konzipiert, so daß ab 1969 Neuanträge unterbunden werden sollten. Unter die Entschädigungsleistungen, ohnehin stark forciert von internationalem Druck, sollte ein Schlußstrich gezogen werden.
In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.