Österreich nach Haider
Dass österreichische Politik in internationalen Medien und von einer internationalen Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen und kommentiert wurde, verband sich seit rund 15 Jahren untrennbar mit dem Phänomen der FPÖ und ihrem (ehemaligen) Parteiführer Jörg Haider. Eine bizarre Mischung aus politischem Tadel und moralischer Empörung, nachsichtiger Ironie und strikter Zurückweisung (seltener, aber auch: Apologetik), begleitete den Aufstieg einer Partei, die den politisch-kulturellen Tabubruch zum Programm erhob und in einer im Nachkriegsösterreich bisher nicht gekannten Weise Ressentiments zur politischen Nutzenmaximierung mobilisierte. Als Angriffsflächen freiheitlicher Politik dienten die Grundsäulen des politischen Systems der Zweiten Republik Österreichs und die Institutionen der repräsentativen parlamentarischen Demokratie: die beiden staatstragenden Parteien SPÖ und ÖVP, die Sozialpartnerschaft und ihre Wirtschaftsverbände (insbesondere jene der Arbeitnehmerseite) oder etwa der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Darüber hinaus aber auch „Ausländer“, Künstler und Intellektuelle, Antifaschisten und Linke, „Bonzen“ und „Sozialschmarotzer“, all jene also, die zum Identifikationsangebot, zum „Wir“ der FPÖ, das sich folglich aus Negativprojektionen konstituierte, nicht passten.