Ausgabe Dezember 2005

Demokratieexport nach Osteuropa: US-Strategien in der Ukraine

Ein Jahr nach dem Machtwechsel in der Ukraine haben die Sieger viel von ihrem Glanz eingebüßt. Julia Timoschenko setzte als Ministerpräsidentin auf staatliche Interventionen und stockte die Sozialleistungen auf – nicht wesentlich anders als ihr Vorgänger Viktor Janukowitsch, der gescheiterte Präsidentschaftskandidat. Im September d.J. musste sie ihr Amt abgeben, ebenso wie ihr Gegenspieler Pjotr Poroschenko, der Leiter des Nationalen Verteidigungs- und Sicherheitsrates.1 Der Oligarch und enge Freund von Viktor Juschtschenko zählte zu den wichtigsten Sponsoren des Präsidenten. Unlängst hat die ukrainische Staatsanwaltschaft gegen den mächtigen Mann wegen des Verdachts auf passive Bestechung Ermittlungen eingeleitet. Die Korruption, ein lautstark vorgetragenes Argument gegen das Regime Leonid Kutschmas, „wütet wie eh und je“.2 Die Medienfreiheit, ebenfalls ein zentrales Ziel der Opposition, stieß ersichtlich schon in dem Augenblick an ihre Grenzen, als der demokratisch gewählte Präsident Journalisten mit Auftragsmördern verglich (wofür er sich später entschuldigte), weil diese sich kritisch mit dem aufwändigen Lebensstil seines 19jährigen Sohnes auseinandergesetzt hatten.3

Die Popularität des Präsidenten sinkt derweil ebenso rapide wie die Wachstumsraten der Wirtschaft.

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