Ausgabe April 2007

Airbus oder Der eingebildete Absturz

Bundeskanzlerin Angela Merkel ging schnell auf Distanz zu ihrem Wirtschaftsminister. Dieser hatte damit gedroht, alle Rüstungsaufträge der Bundeswehr an EADS-Airbus sofort zu stoppen, sollten Jobs in Deutschland abgebaut und Werke geschlossen werden – die Hälfte der Bundeswehraufträge für Waffen und Rüstungstechnik sollte bislang dem Vernehmen nach an EADS gehen. Der CSU-Politiker hatte seine Attacke in Richtung Frankreich mit einer historischen Rückschau begründet: „Ohne Franz Josef Strauß gäbe es Airbus gar nicht.“1

Da ist etwas dran, auch wenn die Airbus- Mutter EADS erst nach dem Tod von Strauß losflog. Im Jahr 2000 entstand der heute weltweit erfolgreichste Luftfahrtkonzern European Aeronautic Defence and Space Company – kurz: EADS. Er erwuchs aus einer Fusion der deutschen Daimler-Chrysler Aerospace (DASA), der französischen Aérospatiale- Matra und der spanischen CASA. Indirekt ist auch der britische Rüstungsriese BAE beteiligt, der später ausgestiegen ist. Dagegen hat Frankreich seinen staatlich-privaten Anteil an dem Konzern, dessen wichtigste Sparte Airbus ist, bis heute gehalten. Dies gibt dem Konzern, der rechtlich im holländischen Schiphol-Rijk beheimatet ist, eine starke französische Note, der die deutsche Politik hauptsächlich mit Rhetorik begegnen kann, da man im Rahmen der neoliberalen Offensive seit den 80er Jahren den zunächst staatlichen bundesdeutschen Luft- und Raumfahrtkonzern ganz in private Hände gelegt hat.

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