Ausgabe Juli 2009

Feuerkopf der Demokratie: Helmut Ridder (1919-2007)

„Ein Feuerkopf“ – so bezeichnete einst Helmut Ridder einen seiner wohl begabtesten und ihm besonders nahestehenden Schüler in einem Nachruf auf den früh verstorbenen Hans Copic vor mehr als 40 Jahren. Ein Feuerkopf war Ridder jedoch vor allem selbst: ein Mann des präzisen, strengen und unbestechlichen Denkens, stets befeuert von der Leidenschaft für die öffentlichen Angelegenheiten. Die politische Passion des langjährigen „Blätter“-Mitherausgebers war genau das – ein Leiden an den politischen Verhältnissen, durchaus aber kein Erdulden. Das war seine Sache nicht. Den restaurativen Verhältnissen der frühen Bundesrepublik, die in der gegenwärtigen Jubelstimmung zum 60. Geburtstag von Grundgesetz und Republik allzu oft verdrängt werden, begegnete er eher mit der intellektuellen Offenheit und Frische, vermischt vielleicht sogar mit ein wenig Naivität eines aufmerksamen und sensiblen Zeitgenossen, der frappiert war über die politische Blindheit, Ignoranz und Verstocktheit, mit der die politischen und juristischen Eliten jenen Mief erzeugten, an der die ihm folgende Generation der 68er glaubte, ersticken zu müssen.

So entzündete die Politik in ihm polemische Fähigkeiten, die oft in einem frappanten Gegensatz zu seinem durchaus konservativ-professoralen Habitus standen. So wenig wie ein duldendes hatte er aber auch kein strategisches Verhältnis zur Politik und den in ihr wirkenden Kräften.

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In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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