Ausgabe Dezember 2010

Eine kleine Geschichte der Gier

Wer hätte gedacht, dass die alte Todsünde noch einmal derart modern werden würde? Die schon reichlich angestaubte Habgier findet, frisch poliert, den Weg in die Schlagzeilen. „Die Gier der Manager“, „Die Gier an den Märkten“ oder einfach: „Die große Gier“ lauten die Überschriften der Bücher und Talkshows. Was aber verbirgt sich dahinter?

Nach einer sehr alten Definition ist die avaritia, die Todsünde der Habgier, „die Begierde, zu viel Reichtümer zu erlangen, zu haben und zu behalten, was ein unersättliches Verderben ist. Wie der Wassersüchtige, der, je mehr er trinkt, um so mehr nach Wasser verlangt, so will die avaritia umso mehr erlangen, je mehr sie schon erlangt hat.“ So erklärte es Alkuin von York, ein Theologe am Hofe Karls des Großen. Die Habgier umfasst demnach das, was im neueren deutschen Sprachgebrauch in zwei Wörter auseinanderfällt, die Gier und den Geiz, also das Streben nach Geld und das Festhalten desselben. Außerdem kommt bereits Alkuins Definition mit einer psychologischen Diagnose daher: Die Gier hat Suchtcharakter, sie nimmt also mit zunehmendem Reichtum nicht ab, sondern zu.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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