Ausgabe Januar 2018

Die vergessene Vernichtung

Bild: Klett-Cotta

Eines hat Donald Trump schon nach einem Jahr erreicht: Der latente Rassismus seiner Regierung und erheblicher Teile der US-amerikanischen Bevölkerung ist überdeutlich geworden. Weit weniger präsent ist dagegen das – neben Rassismus und Sklaverei – dunkelste Kapitel der US-amerikanischen Geschichte: die mit der Kolonialisierung Nordamerikas einhergehende Vertreibung und Ermordung der „Indianer“, also der indigenen Völker Nordamerikas. Nur wenige historische Tragödien sind für lange Zeit derart stark in Vergessenheit geraten. Umso wichtiger ist das neue Buch von Aram Mattioli, das sich genau diesem Thema widmet.

Während sich die Zahl der Kolonisatoren im 19. Jahrhundert von fünf auf 75 Millionen erhöhte, dezimierte sich die der Native Americans von 5 bis 10 Millionen im 16. Jahrhundert auf unter 240 000 um das Jahr 1900. Geschuldet ist dies einem landräuberischen, kulturvernichtenden und mörderischen „Generalangriff“, der, so Mattioli, in der Geschichte seinesgleichen sucht. Doch während Westernromane und -filme sich ungebrochener Beliebtheit erfreuen, wird dem Schicksal der Indianer wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Mattioli betrachtet die tragische Geschichte durchaus differenziert.

Sie haben etwa 13% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 87% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (10.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Die Rückkehr des Besatzers

von Sergej Lebedew

Vor fünfzig Jahren, am 1. August 1975, wurde mit der Unterzeichnung des Abkommens von Helsinki die Unverletzlichkeit der nach dem Zweiten Weltkrieg errichteten Grenzen anerkannt. Wie wir wissen, dauerte die Ordnung von Helsinki etwa fünfzehn Jahre. Die Sowjetunion hörte auf zu existieren, und die Länder Ost- und Mitteleuropas fanden ihren Weg zu Freiheit und Eigenstaatlichkeit.