„Da muss man ‚Nawalny‘ draufsprühen“, witzelten die Moskauer nach dem Schneechaos vom Februar 2018. Mit dem Namen des oppositionellen Politikers versehen, würden die riesigen Schneehaufen in der unpassierbaren Hauptstadt schnell weggeräumt. Damit verwiesen die Großstadtbewohner einerseits auf die Defizite in der kommunalen Verwaltung und andererseits darauf, dass der Name Alexej Nawalny im öffentlichen Raum unerwünscht ist.
Es war keine Überraschung, dass der einzige ernstzunehmende Herausforderer von Amtsinhaber Wladmir Putin nicht zur kommenden Präsidentschaftswahl am 18. März 2018 zugelassen wurde. Die politische Elite nimmt Nawalny, der scheinbar aus dem Nichts zehntausende Menschen mobilisieren kann, offensichtlich als Gefahr wahr. Zwar gibt es formalrechtlich am Ausschluss des vorbestraften Kandidaten nur wenig auszusetzen. Allerdings funktioniert diese Logik nur systemimmanent: Denn eine Gewaltenteilung gibt es in Russland nur auf dem Papier, die Institutionen sind potemkinsche Fassaden.
Dafür steht die Verurteilung von Nawalny exemplarisch: Der Gerichtsprozess gegen ihn wurde neu aufgerollt, nachdem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) dessen Ausgang als willkürlich eingestuft hatte. Im Jahr 2013 war der Oppositionelle im sogenannten Kirowles-Prozess wegen Betrugs zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.