Ausgabe Januar 2020

Das unvollendete Triptychon

Ein Buch über Konrad Wolf ist selbst für die von Hans Magnus Enzensberger gegründete, heute von Christian Döring geleitete Andere Bibliothek ungewöhnlich. Die Publikation erzählt nicht allein von Leben und Werk des bedeutenden Filmregisseurs, sondern am Beispiel der deutsch-jüdischen Familie Wolf – ihr gehören auch der Vater und Schriftsteller Friedrich und der Bruder und Geheimdienstchef Markus Wolf an – von Aufstieg und Fall der Sowjetunion und damit vom extrem blutigen Scheitern daran, eine nachkapitalistische Gesellschaft aufzubauen. Geschrieben ist das Buch von keinem Filmwissenschaftler, sondern von der Politikerin und Publizistin Antje Vollmer und dem Liedermacher und Autor Hans-Eckardt Wenzel. Beider Sichtweisen sind nicht zu einer Synthese geführt, beider Texte sind durch unterschiedliches Papier getrennt. Fragen nach dem Scheitern der Linken oder nach dem Verhältnis von Kunst und Politik bewegen das Erzählen beider. Denn: „Wenn wir das historische Denken verlernen, geben wir alle Werkzeuge aus der Hand, um uns den Unerträglichkeiten und Ungerechtigkeiten widersetzen zu können.“ Programmatisch steht das für das Verbindende. Dennoch gibt es Kapitel, die eigenständige Essays sind, aber die Grundform ist kein Potpourri, sondern die eines Triptychons. Ein solches Bild, ob in christlicher oder weltlicher Ausformung, ist stets universell.

Januar 2020

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In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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