Ausgabe August 2020

Ikonen des Rassismus: Der Sturz der Denkmäler

10. Juni, Boston, Christopher Park, Boston, Massachusetts, USA: Eine kopflose Christopher-Kolumbus-Statue in Boston. Die Statue wurde in der Nacht vom 9. Juni inmitten nationaler Proteste gegen Rassismus verwüstet.

Bild: Eine kopflose Christopher-Kolumbus-Statue in Boston (imago images / AFLO)

Ein junger Mann drückte Anfang Juni in Bristol symbolträchtig sein Knie auf den Nacken der Edward-Colston-Statue, die kurz zuvor zu Fall gebracht worden war. Wie er demonstrieren seit Wochen Tausende weltweit gegen Rassismus, koloniale Denkmäler und Polizeigewalt. Anlass und Katalysator der Proteste ist der Tod von George Floyd, der am 25. Mai in Minneapolis bei einer Festnahme starb, weil der Polizist Derek Chauvin mehrere Minuten auf seinem Nacken kniete.

Im Zuge dieser globalen Proteste wird in vielen Ländern auch die bereits seit langem bestehende Kritik an Denkmälern von Protagonisten aus der Kolonialgeschichte neu belebt. Von Neuseeland, den USA, über Venezuela, Martinique, Südafrika bis Belgien, England und Spanien – bei den Protesten im Juni, aber auch in den Jahren davor, sind zahlreiche Figuren von ihren Sockeln gerissen worden: Mehrere Statuen von Christoph Kolumbus wurden allein in den USA mit Seilen zu Boden gebracht, etwa in St. Paul und in Richmond, oder enthauptet wie in Boston. Im englischen Bristol warfen Demonstrierende den Bronzekörper von Edward Colston ins Wasser. Die 125 Jahre alte Statue ehrte einen Menschenhändler aus dem 17. Jahrhundert, der als Vorstandsmitglied der Royal African Company an der Verschleppung von mehr als 80 000 Menschen aus Westafrika auf die Plantagen Amerikas beteiligt war.

August 2020

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