
Bild: Demonstration gegen die geplante Rentenreform in Marseille, 16.2.2023 (IMAGO / ZUMA Wire / Denis Thaust)
Es ist eine Kraftprobe mit ungewissem Ausgang: Mit seiner geplanten Rentenreform hat Emmanuel Macron große Teile des Landes gegen sich aufgebracht. Die Gewerkschaften rufen vereint wie lange nicht zu Streiks auf, Millionen Menschen strömen zu den Großdemonstrationen. Bereits zu Beginn waren die Proteste massiver, als es selbst die klassenkämpferische Gewerkschaft CGT erwartet hatte. In Umfragen lehnen drei Viertel der Französinnen und Franzosen das Vorhaben ab. Derzeit ist es sogar alles andere als ausgemacht, dass Macrons Reform bis zum geplanten Abschluss der parlamentarischen Beratungen am 27. März eine Mehrheit in der Nationalversammlung finden wird.
Das stellt den französischen Präsidenten vor ein gewaltiges, aber zu einem guten Teil selbstverschuldetes Dilemma: Macron hat seine politische Glaubwürdigkeit an das Gelingen dieser seiner wichtigsten innenpolitischen Reform geknüpft. Daher steht und fällt mit ihr auch seine Bilanz als Staatschef. Kapituliert Macron vor dem Volkszorn, wird er unweigerlich als gescheiterter Modernisierer gelten. Schaltet er hingegen auf stur und setzt die Reform gegen den Mehrheitswillen und am Ende nötigenfalls sogar per Dekret durch, riskiert er eine weitere Spaltung des Landes, zulasten der französischen Demokratie.