Zwei Jahre Taliban-Herrschaft in Afghanistan

Bild: Liza Anvary, eine Geflüchtete aus Afghanistan, posiert hinter einem Holzfenster, um auf die Situation der Frauen in ihrem Land aufmerksam zu machen, Barcelona, 1.5.2023 (IMAGO / ZUMA Wire / Ximena Borrazas)
Es war der Tag, der das Leben von Millionen Menschen in Afghanistan völlig verändert hat: Vor zwei Jahren, am 15. August 2021, übernahmen die Taliban die Macht im Land. Quasi über Nacht war das zuvor vom Westen gestützte politische System wie ein Kartenhaus in sich zusammengebrochen. Leicht und fast ohne Widerstand rückten die Taliban nach dem Abzug der westlichen Truppen in die Hauptstadt Kabul vor, dem Sitz der damaligen afghanischen Regierung. Lediglich einige Gebiete, wie Pandschir, in denen es bis heute Widerstände gibt, setzten sich damals zur Wehr. Die Mehrheit der Mitglieder der ehemaligen afghanischen Regierung floh in westliche Länder. Hauptverliererin dieses abrupten Endes eines zwei Dekaden währenden Kriegs zwischen Regierung und Taliban ist die afghanische Bevölkerung.
Die Bilanz des überhasteten Abzugs der USA und ihrer Verbündeten ist erschreckend: Für Millionen von Menschen sind die Zustände im Land heute katastrophal. Die Rechte von Frauen, Minderheiten und bestimmten ethnischen Gruppen, wie den Hazaras, wurden in den vergangenen zwei Jahren drastisch eingeschränkt, die Medien mit Repression überzogen, das – schon zuvor unzureichende – Gesundheitssystem bröckelt, Armut und Hunger breiten sich aus. Fast die Hälfte der afghanischen Bevölkerung leidet aktuell unter Hunger. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind rund 18 Millionen der insgesamt rund 41 Millionen Afghaninnen und Afghanen von schwerer Ernährungsunsicherheit betroffen, 3,2 Millionen Kinder leiden an akuter Unterernährung. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) warnt angesichts dessen bereits vor einer der größten und schwersten Hungerkrisen der Welt.[1]
Zu dieser Notlage beigetragen hat zum einen der abrupte Stopp westlicher Unterstützung nach der Machtergreifung durch die Taliban. Zum anderen haben die nun herrschenden Taliban all das, was bereits in der Vergangenheit zu Hunger und Ernährungsunsicherheit im Land geführt hat, noch verschärft: Zunehmende Vertreibung, Konflikte und politische Instabilität beeinträchtigen die Landwirtschaft wie die Ökonomie insgesamt und zerstören die Infrastruktur, was einen Rückgang der Nahrungsmittelproduktion und -verfügbarkeit zur Folge hat. Zugleich ist das Land sehr anfällig für Naturkatastrophen wie Dürren, Überschwemmungen und Erdbeben, was sich ebenfalls negativ auf die Versorgungslage auswirkt. Die Taliban sind ganz offenbar nicht in der Lage, diese dramatische Situation in den Griff zu bekommen – auch weil sie Hilfe von außen nur in wenigen Fällen zulassen und dabei unter anderem die Mitarbeit von Frauen untersagen. Dies aber stellt viele Hilfsorganisationen vor immense Probleme. Angesichts dessen wächst der Anteil der Bevölkerung rasant, der auf Hilfe angewiesen ist. Besonders Frauen und Kinder leiden unter den schlechten humanitären Bedingungen.
Vor allem aber ist Afghanistan derzeit das Land der Welt, in dem Frauen am massivsten unterdrückt werden. Seit der Machtübernahme der Taliban wurde ihr Leben de facto aus der Öffentlichkeit verbannt: Die neuen Machthaber verwehren ihnen systematisch den Zugang zu Bildung, Arbeit, Reisen und ausreichender medizinischer Versorgung – mit weitreichenden Folgen.
So schaffte das – rein männliche – Kabinett der Taliban direkt nach der Machtübernahme das Ministerium für Frauenangelegenheiten ab und ersetzte es durch das Ministerium für „Laster und Tugend“. Seither dürfen Frauen lange Strecken in der Regel nicht alleine reisen und auch das Land nicht alleine verlassen. Frauen, die vor Gewalt und Lebensgefahr Zuflucht an sicheren Orten wie Frauenhäusern oder dem ehemaligen Frauenministerium gesucht hatten, schickten die Taliban zurück zu ihren Familien, vor denen sie geflohen waren. Niemand weiß, was mit diesen Frauen passiert ist.
Nachdem die Zahl der Mädchen, die in Afghanistan eine weiterführende Schule besuchten, nach dem Ende der vorherigen Taliban-Herrschaft von sechs Prozent im Jahr 2003 auf 39 Prozent im Jahr 2017 gestiegen war, haben die Taliban im vergangenen Jahr fast alle weiterführenden Schulen für Mädchen geschlossen und Frauen den Zugang zu Universitäten untersagt. Die Folgen dieses Bildungsverbots sind katastrophal, gerade auch im Gesundheitsbereich: In Afghanistan herrscht seit Jahren ein Mangel an Hebammen und Gynäkologinnen. Jetzt, da Frauen offiziell vom Studium ausgeschlossen sind, wird sich die Zahl der Gynäkologinnen und Ärztinnen noch weiter reduzieren. Dadurch dürfte sich die Müttersterblichkeitsrate im Land, ohnehin eine der höchsten weltweit, noch einmal deutlich erhöhen.[2]
Auch das Reiseverbot wirkt sich negativ auf die Gesundheit der Frauen aus. Mittlerweile müssen zehn Prozent der Bevölkerung des Landes mehr als zwei Stunden reisen, um ein Gesundheitszentrum zu erreichen. Dies führt dazu, dass Frauen ohne Begleitung durch einen Mahram – also ihren Ehemann oder eine männliche Person, mit der die Ehe für sie verboten ist, etwa Eltern, Großeltern und Geschwister – keinen Zugang zu Gesundheitszentren haben. Und selbst Frauen mit Begleitperson fühlen sich möglicherweise nicht wohl dabei, besondere Bedürfnisse vor dieser mit einer Ärztin zu besprechen.
Zudem ist es Frauen heute weitgehend verboten zu arbeiten, mit wenigen Ausnahmen in bestimmten Bereichen wie dem Gesundheitswesen – dieses Zugeständnis kam allerdings nur durch massiven Druck zustande: Zahlreiche NGOs stellten ihre Arbeit ein, weil sie ohne ihre Mitarbeiterinnen nicht arbeitsfähig waren und Frauen wie Mädchen nicht gesundheitlich versorgen konnten, da männliche Ärzte Frauen nicht mehr behandeln dürfen.[3]
Keine Arbeit, keine wirtschaftliche Teilhabe, keine Gesundheit
Insgesamt aber führt das Arbeitsverbot nicht nur zu einer Verschlechterung der Gesundheitsversorgung von Frauen, sondern auch zu einem erheblichen Rückgang ihrer wirtschaftlichen Teilhabe und Unabhängigkeit, die sie sich in den vergangenen 20 Jahren teilweise erarbeiten konnten. So war die Zahl der berufstätigen Frauen nach Angaben der Weltbank zwischen 2001 und 2019 immerhin von 15 auf 22 Prozent gestiegen. Frauen eröffneten Unternehmen etwa im Modebereich, in der Buchhaltung oder Elektrotechnik. In dieser Zeit waren Frauen in der Gesellschaft zunehmend sichtbar, sei es im Journalismus oder im Gesundheitswesen, aber auch im Justizwesen und in der Politik. So hatten Frauen bis zur Machtübernahme durch die Taliban aufgrund einer Verfassungsquote 27 Prozent der Sitze im Unterhaus des Parlaments inne. Mit dem Sturz der vom Westen gestützten Regierung verloren Tausende Frauen über Nacht ihre Arbeit. Witwen, von denen es in Afghanistan aufgrund des langen Krieges viele gibt, bleibt heute kaum etwas anderes übrig, als auf der Straße zu betteln, um ihre Kinder und sich selbst zu versorgen.
Zudem werden immer mehr Ehen mit minderjährigen Frauen geschlossen und Frauen zwangsverheiratet, auch mit Mitgliedern der Taliban. Diese wiederum haben unter ihrem Anführer, Mullah Hibatullah Achundsada, die Verschleierung für alle Frauen und sogar für die jungen Mädchen verpflichtend gemacht und neue Verhaltensregeln für sie aufgestellt, die sie mit Gewalt durchsetzen – so dürfen Frauen nur noch komplett verhüllt mit einer Burka oder einem Tschador samt Gesichtsschleier auf die Straße gehen, womit sie als Individuen unsichtbar gemacht und in ihrem Gesichtsfeld massiv eingeschränkt werden. Demonstrationen gegen diese Zustände werden gewaltsam unterdrückt. Angesichts dieser drastischen Einschränkungen ihrer Rechte ist die Zahl der Selbstmorde unter Frauen, insbesondere unter jungen Frauen, in den vergangenen zwei Jahren um ein Vielfaches gestiegen.[4]
Seit der Machtübernahme der Taliban sind nach Angaben des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) aufgrund dieser katastrophalen Lage 1,6 Millionen Menschen aus Afghanistan geflohen. Damit leben mittlerweile 5,2 Millionen afghanische Geflüchtete in den Nachbarländern, vor allem in Pakistan, Iran und Tadschikistan. Der Großteil der Vertriebenen – laut UN-Flüchtlingshilfe etwa drei Millionen Afghaninnen und Afghanen – befindet sich nach wie vor innerhalb Afghanistans.[5] Wie aber konnten sich die Taliban über die vergangenen Jahrzehnte zu jener politisch wie militärisch dominanten Kraft im Land entwickeln, die sie heute sind? Um das zu verstehen, ist ein Blick in die Geschichte nötig: in die Zeit des afghanischen Bürgerkriegs, der auf den Abzug der sowjetischen Truppen aus Afghanistan im Jahr 1989 folgte.
Damals wandten sich die Mudschaheddin-Gruppen, die während des Kalten Krieges mit Unterstützung der USA und anderer Länder in einem Stellvertreterkrieg gegen die sowjetischen Streitkräfte gekämpft hatten, in einem Machtkampf um die Kontrolle des Landes gegeneinander. Die fundamentalistisch-islamischen Taliban entwickelten sich in dieser Zeit zu einer bedeutenden politischen und militärischen Kraft. Aufgrund ihres Versprechens von Stabilität und Sicherheit erhielten sie Unterstützung von verschiedenen Fraktionen, darunter konservativen Paschtunenstämmen. Im Jahr 1996 gelang es ihnen schließlich, die Hauptstadt Kabul zu erobern und ihre Herrschaft über den größten Teil Afghanistans zu etablieren.
Die Taliban-Bewegung hat ihre Wurzeln in Religionsschulen für afghanische Geflüchtete in Pakistan, wo bis in die 1990er Jahre eine extreme Interpretation des sunnitischen Islam gepredigt wurde. Ihre Ideologie basiert auf einer radikalen Form des Deobandismus und ist auch stark von der hanfitischen Lehre, dem paschtunischen Recht und dem paschtunischen Ehrenkodex (Pashtunwali) beeinflusst.
Unter der Taliban-Herrschaft erlebte Afghanistan entsprechend eine strenge Auslegung des islamischen Rechts, der sogenannten Scharia. Die Taliban verhängten eine Reihe strenger Beschränkungen, die sich insbesondere gegen Frauen und religiöse Minderheiten richteten und deren Rechte verletzten. So besteht nach Ansicht der Taliban die Aufgabe der Frauen ausschließlich darin, Männer sexuell zu befriedigen und Kinder in die Welt zu setzen. Die Anwesenheit von Frauen in der Gesellschaft hingegen würde das tägliche Leben der Männer beeinträchtigen, da diese durch deren Anblick sexuell stimuliert würden. Dadurch könnten sie ihre Arbeit und gesellschaftlichen Aufgaben nicht mehr ungestört fortsetzen. Aus diesem Grund sind jegliche gesellschaftlichen Aktivitäten von Frauen, ihre Bildung, ihr Engagement in der Politik, ja sogar ein individueller Kleidungsstil unerwünscht und verboten. Das Bildungsverbot führte in dieser Zeit zu einem erheblichen Rückgang der Alphabetisierungsraten von Mädchen und Frauen. Die Taliban zerstörten auch Kulturstätten, die sie für unislamisch hielten, darunter die berühmten Bamiyan-Buddha-Statuen. Zudem boten sie internationalen Terrorgruppen Zuflucht, allen voran Al-Qaida unter Führung Osama bin Ladens.
Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001, in Reaktion auf die Unterstützung Al-Qaidas durch die Taliban, marschierten die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten in Afghanistan ein mit dem Ziel, Al-Qaida zu zerschlagen und die Taliban von der Macht zu entfernen. Beides gelang, langfristig gesehen, nicht[6] – und doch trat Afghanistan in eine neue Phase seiner Geschichte ein: Nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001 erlebte das Land bedeutende politische, soziale und wirtschaftliche Veränderungen. Doch mit der Zeit zeigte sich, dass sich auch die vom Westen gestützte Regierung durch Korruption und Ineffizienz auszeichnete und sie die enormen sozialen und wirtschaftlichen Probleme im Land nicht entschärfen konnten – trotz der Milliarden von Dollar, die in den Afghanistaneinsatz der westlichen Länder flossen.[7] So gelang es ihr nicht, grundlegende Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung, Bildung und eine öffentliche Infrastruktur flächendeckend bereitzustellen.
Das größte Problem allerdings war die fehlende Sicherheit und Stabilität im Land. Insbesondere nach 2012 gewannen die Taliban vielerorts wieder an Boden und verübten häufig Angriffe. Explosionen und gewalttätige Überfälle auf Schulen, Krankenhäuser, Moscheen, Regierungsbehörden und Unternehmen nahmen elf Jahre nach dem Einmarsch der USA dramatisch zu, täglich starben Menschen.[8] Dies untergrub das Vertrauen der Menschen in die Regierung weiter, die sich außerstande sah, die Ursachen des gewaltsamen Konflikts anzugehen und eine dauerhafte Lösung zu finden.
Das Friedensabkommen von 2018: Schlüssel zur Rückkehr der Taliban
Als die Vereinigten Staaten und die Taliban im Juli 2018 unter dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump über den Kopf der afghanischen Regierung unter Ashraf Ghani hinweg in Katar Gespräche begannen und schließlich am 29. Februar 2020 ein „Friedensabkommen“ unterzeichneten, ahnten viele Kritiker in Afghanistan, wohin die Reise gehen würde: Sie bezeichneten das Abkommen, das offiziell „Agreement for Bringing Peace to Afghanistan“ heißt, als Schlüssel der Machtübergabe an die Taliban.
Tatsächlich regelte es den Abzug aller amerikanischen Truppen und ihrer Verbündeten aus Afghanistan, darunter auch Deutschland. Die westlichen Staaten sollten sich künftig aus den inneren Angelegenheiten Afghanistans heraushalten. Im Gegenzug verpflichteten sich die Taliban sicherzustellen, dass Afghanistan keine Bedrohung für die Nato-Staaten darstelle. Dieser Vertrag sah auch den Beginn innerafghanischer Verhandlungen über die politische Struktur und Führung des Landes vor. So sollte ein Waffenstillstand zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban vereinbart werden. Doch dieser kam nie zustande, denn die Taliban erkannten die afghanische Regierung, deren Autorität durch das ohne ihre Beteiligung zustande gekommene Abkommen ohnehin zerstört war, nicht als Verhandlungspartner an und entschlossen sich, sie zu stürzen.
Nun aber zeigt sich angesichts der dramatischen wirtschaftlichen und humanitären Situation immer deutlicher: Die Taliban sind offenbar nicht in der Lage, die grundlegende Versorgung der Menschen im Land sicherzustellen. Stattdessen stützen sie ihre Macht vor allem auf Unterdrückung und Einschüchterung und verkaufen all ihre Handlungen im Namen des Islam. In einer Gesellschaft, in der die Mehrheit der Menschen aufgrund der vielen Kriege seit Jahrzehnten sehr wenig oder gar keine Bildung genossen hat und zugleich stark gläubig ist, sind sie damit in Teilen durchaus erfolgreich.
Die Taliban, überwiegend ethnische Paschtunen, versuchen, ihre streng sunnitische Auslegung des Islam landesweit durchzusetzen. Infolgedessen sind die anderen ethnischen Gruppen und Minderheiten wie Hazaras, Tadschiken, Usbeken und schiitische Muslime mit ihren je eigenen kulturellen und religiösen Praktiken Diskriminierung, Verfolgung und gezielter Gewalt ausgesetzt. Grundsätzlich trifft die Gewalt all jene, die die Herrschaft der Taliban kritisieren oder von deren Moralvorstellungen abweichen: Journalisten und Medienschaffende, die über sensible Themen berichten, sowie alle, die sich für Menschenrechte, Demokratie und sozialen Fortschritt einsetzen. Besonders bedroht sind Personen, die mit den afghanischen Sicherheitskräften oder der vorherigen Regierung in Verbindung standen. Sie wurden infolge des überhasteten Rückzugs der westlichen Verbündeten vielfach im Stich gelassen.[9] Viele von ihnen werden gezielt angegriffen, festgenommen oder sogar getötet.[10] Da die Auslegung des islamischen Rechts durch die Taliban Homosexualität als ein Verbrechen betrachtet, das mit der Todesstrafe geahndet wird, sind nicht zuletzt auch LGBTIQ+ extremer Verfolgung ausgesetzt. Ihnen bleiben nur zwei Optionen: ihre Identität zu verbergen oder das Land zu verlassen.
Trotz all dieser Einschränkungen setzen Frauen in Afghanistan ihre Demonstrationen und Proteste fort, auch wenn diese angesichts der Repression mittlerweile deutlich weniger geworden sind. So sind Frauendemonstrationen verboten. Diejenigen, die an ihnen teilnehmen, werden verhaftet und oft schwer gefoltert. In den Gefängnissen sind die Frauen den schlimmsten Formen sexueller Gewalt ausgesetzt. Das hält viele dennoch nicht davon ab, ihren Widerstand fortzusetzen: So organisieren ehemalige Lehrerinnen Geheimschulen für Mädchen, die nun keine offizielle Schule mehr besuchen dürfen, unterrichten an wechselnden Orten oder versuchen, Mädchen und junge Frauen mit Online-Programmen zu Hause zu erreichen – das allerdings gestaltet sich als äußert schwierig, da nur wenige Menschen über einen verlässlichen Internetzugang verfügen.[11]
Seit zwei Jahren haben die Taliban das Land wieder in ein Gefängnis verwandelt, aus dem es für die dort lebenden Menschen – insbesondere Frauen und Minderheiten – kaum ein Entrinnen gibt. Umso wichtiger ist es, genau hinzuschauen und den internationalen Druck auf die Taliban zu erhöhen. Doch Afghanistan steht, so scheint es, seit dem Abzug der westlichen Truppen und angesichts der vielen Krisen und Kriege weltweit schon lange nicht mehr oben auf der Agenda der internationalen Staatengemeinschaft. Daran muss sich dringend etwas ändern.
[1] Half of Afghanistan’s population face acute hunger as humanitarian needs grow to record levels, www.fao.org, 25.10.2021; Afghanistan crisis: Hunger in the land, www.worldvision.org, 12.4.2022.
[2] Im Jahr 2020 starben 620 von 100 000 Müttern bei der Geburt, in Deutschland waren es vier. Vgl. Maternal mortality ratio – Afghanistan, www.data.worldbank.org, 2023.
[3] Vgl. dazu Marc Thörner, Afghanistan: Frauen als Faustpfand, in: „Blätter“, 3/2023, S. 71-76.
[4]Vgl. Yogita Limaye, Afghan women in mental health crisis over bleak future, www.bbc.com, 5.6.2023.
[5] Afghanistan: Vertriebene in großer Not, www.uno-fluechtlingshilfe.de, 15.6.2023.
[6] Vgl. dazu auch Bernd Greiner, »Nine Eleven«, Afghanistan, Irak: Das Ende des amerikanischen Jahrhunderts, in: „Blätter“, 9/2021, S. 43-52.
[7] Vgl. Jeffrey D. Sachs, Afghanistan: Blutiger Irrweg, in: „Blätter“, 9/2021, S. 39-40.
[8] Aufgrund des Mangels an Daten ist es allerdings schwierig, eine genaue Zahl anzugeben.
[9] Vgl. Erik Marquardt, Die deutsche Schande von Kabul, in: „Blätter“ 11/2021, S. 77-82.
[10] Vgl. etwa: Afghanistan: Sicherheitskräfte der ehemaligen afghanischen Regierung außergerichtlich getötet, www.amnesty.de, 5.10.2021.
[11] Daneben organisiert auch die afghanische Diaspora Online-Unterricht für Mädchen und Frauen in Afghanistan; die BBC bietet eine Unterrichtssendung für Kinder und Mädchen an. Vgl. BBC education show in Afghanistan helps children banned from school, www.bbc.com, 1.4.2023.