Ausgabe Januar 2025

Der Nahostkonflikt und die Kunst: Wider die Logik des Boykotts

Bei der Ausstellungseröffnung der Fotografin Nan Goldin in Berlin wird Klaus Biesenbach, Direktors der Neuen Nationalgalerie, von Demonstranten konsequent überschrien, 22.11.2024 (IMAGO / Matthias Reichelt)

Bild: Bei der Ausstellungseröffnung der Fotografin Nan Goldin in Berlin wird Klaus Biesenbach, Direktors der Neuen Nationalgalerie, von Demonstranten konsequent überschrien, 22.11.2024 (IMAGO / Matthias Reichelt)

Antiisraelische Proteste sorgten Mitte November bei der Eröffnung einer Ausstellung der Fotografin Nan Goldin in Berlin für tumultartige Szenen. »Intifada«-Gesänge und Parolen übertönten die Rede des Direktors der Nationalgalerie, Klaus Biesenbach. Zuvor hatte Goldin Deutschland vorgeworfen, propalästinensische Stimmen zu unterdrücken, und zu Protesten gegen den »Genozid in Gaza« aufgerufen. Schon vorab hatte die Nationalgalerie die Politologin Saba-Nur Cheema und den Historiker Meron Mendel gebeten, begleitend ein Symposium zu organisieren. Mit der folgenden Rede eröffneten die beiden die Veranstaltung, die trotz mehrerer Absagen unter dem Titel »Kunst und Aktivismus in Zeiten der Polarisierung« stattfand.

„Mit großem Bedauern teilen wir mit, dass das Gesprächsforum zu diesem Zeitpunkt ausgesetzt wurde. Es hat in den letzten Tagen intensive Diskussionen mit den Teilnehmer:innen gegeben. Einige von ihnen haben wenige Tage vor der ersten Veranstaltung der Gesprächsreihe ihre Teilnahme abgesagt oder eine Absage erwogen.“

So beginnt das Statement der Kuratoren der documenta fifteen, als sie im Mai 2022 die geplante Gesprächsreihe „We need to talk“ abgesagt haben. Es war die erste, aber nicht die letzte Absage von Gesprächsforen zwischen gegensätzlichen Positionen in der Kunst- und Kulturwelt rund um die Themen Nahostkonflikt, Antisemitismus und Rassismus. Seitdem ist viel passiert; spätestens seit dem 7.

»Blätter«-Ausgabe 1/2025

Sie haben etwa 12% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 88% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (3.00€)
Digitalausgabe kaufen (12.00€)
Druckausgabe kaufen (12.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Januar 2026

In der Januar-Ausgabe skizziert der Journalist David Brooks, wie die so dringend nötige Massenbewegung gegen den Trumpismus entstehen könnte. Der Politikwissenschaftler Philipp Lepenies erörtert, ob die Demokratie in den USA in ihrem 250. Jubiläumsjahr noch gesichert ist – und wie sie in Deutschland geschützt werden kann. Der Politikwissenschaftler Sven Altenburger beleuchtet die aktuelle Debatte um die Wehrpflicht – und deren bürgerlich-demokratische Grundlagen. Der Sinologe Lucas Brang analysiert Pekings neue Friedensdiplomatie und erörtert, welche Antwort Europa darauf finden sollte. Die Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres erläutern, warum die Abhängigkeit von Öl und Gas Europas Sicherheit gefährdet und wie wir ihr entkommen. Der Medienwissenschaftler Roberto Simanowski erklärt, wie wir im Umgang mit Künstlicher Intelligenz unsere Fähigkeit zum kritischen Denken bewahren können. Und die Soziologin Judith Kohlenberger plädiert für eine »Politik der Empathie« – als ein Schlüssel zur Bekämpfung autoritärer, illiberaler Tendenzen in unserer Gesellschaft.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Micha Brumlik: Ein furchtloser Streiter für die Aufklärung

von Meron Mendel

Als die Hamas am 7. Oktober 2023 Israel überfiel und anschließend der Krieg der Netanjahu-Regierung in Gaza begann, fragten mich viele nach der Position eines Mannes – nach der Micha Brumliks. Doch zu diesem Zeitpunkt war Micha bereits schwer krank. Am 10. November ist er in Berlin gestorben.

Gaza: Hält der erzwungene Frieden?

von Ignaz Szlacheta

Erst als am 13. Oktober morgens die 20 noch lebenden Geiseln freigelassen worden waren und kurz darauf auch knapp 2000 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freikamen, wich die Anspannung. Vorher beschrieb der katarische Nachrichtensender Al-Araby die Stimmung im Gazastreifen als einen „Zustand des Wartens und der Wachsamkeit, begleitet von großer Zuversicht“.